Wahlprogramme weisen meist zwei typische Merkmale auf: Sie sind lang und kompliziert. Aus diesem Grund möchten wir euch einen kurzen und leicht zu verstehenden inhaltlichen Einblick die Wahlprogramme zur diesjährigen Bundeswahl geben. Wir konzentrieren uns dabei auf Themen, die junge Wähler interessieren. „Zukunft wird aus Mut gemacht“ ist dabei das Motto der Grünen, das sie auf insgesamt 248 Seiten erläutern (komplett nachzulesen hier). Wir haben es uns genauer angeschaut und beispielsweise 722 Mal das Wort „Grün“, 241 Mal den Blick auf die „Zukunft“ oder 142 Mal das Thema „Klima“ in der Ausführung gefunden.

 

 

Bildung
Die Grünen…

  • wollen die Qualität der Kitas sichern.
  • wollen mehr Erzieher einstellen, die besser ausgebildet werden sollen.
  • fordern sozial gestaffelte Elternbeiträge.
  • fördern inklusive Ganztagsschulen und Gemeinschaftsschulen.
  • setzen sich für digitales Lernen ein.
  • streben nach Studienchancen für alle und eine Erhöhung des BaföGs.
  • möchten den Zugang zu kultureller Bildung erleichtern.

„I. WIR INVESTIEREN IN KINDERTAGESSTÄTTEN, SCHULEN UND HOCHSCHULEN
Alle, die hier leben, sollen sich verwirklichen und selbstbestimmt leben können. Wenn das Kind aus einer Arbeiterfamilie später Unternehmer*in wird und gute Arbeitsplätze schafft, wenn der alleinerziehende Krankenpfleger es sich leisten kann, Pflegemanagement zu studieren, wenn die seit Längerem arbeitslose Lageristin nach einer Weiterbildung einen neuen Job findet, wenn der schwerhörige Junge zusammen mit den Nachbarskindern in der Schule um die Ecke lernt und seinen Traum einer Ausbildung als Altenpfleger erfüllen kann und die aus Syrien nach Deutschland geflüchtete Frau Medizin studiert, dann haben wir viel erreicht. Dann sind wir unse-rem Ziel, allen Menschen in Deutschland eine Chance auf ein gutes Leben zu ermöglichen, ein gutes Stück näher gekommen. An manchen Orten klappt das schon, da haben sich Menschen längst auf den Weg gemacht: etwa an der Rütli-Schule in Berlin-Neukölln. Einst als „Deutschlands schlimmste Schule“ bezeichnet, lernen in dieser Gemeinschaftsschule nun Schüler*innen mit unterschiedlicher Herkunft zusammen und alle profitieren. Viele von ihnen machen als Erste ihrer Familie das Abitur. Oder an der Universität Duisburg-Essen, die gezielt Jugendliche aus Familien ohne akademische Erfahrung bis zum Bachelor begleitet. Davon brauchen wir mehr. Zu oft bestimmt immer noch die Herkunft über die eigene Zukunft und nicht etwa Talent oder Fleiß.
Es ist ein Skandal, dass es für Kinder aus Arbeiterfamilien bei uns so schwierig ist aufzusteigen. Das wollen wir GRÜNE ändern. Jede und jeder soll die Chance auf ein gutes Leben bekommen. Unsere Gesellschaft braucht die Ideen, die umfassende Teilhabe und die Kraft aller Menschen. Wir können und wollen es uns nicht leisten, Menschen perspektivlos und abgehängt zurückzulassen. Dabei ist uns wichtig, dass in dieser Gesellschaft nicht nur diejenigen gefördert oder geschätzt werden, die ein Studium abgeschlossen haben, sondern alle. Unser Ziel ist eine Gesellschaft, in der nicht soziale Herkunft, Geschlecht, ethnische Wurzeln oder körperliche Voraussetzungen über die Zukunft von Menschen entscheiden, sondern deren Wünsche und Talente. Wir stemmen uns gegen die Spaltung in drinnen und draußen, wollen die Gesellschaft zusammenhalten und Chancen gerechter verteilen. Deshalb wollen wir den Bürger*innen Steuerüberschüsse gerade auch in Form von besserer Bildung zurückgeben. Wir wollen keine Steuersenkungen, die vor allem Gutverdienenden zugutekommen, sondern mehr Investitionen in Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen unterstützen.

1. Mit guter, inklusiver Bildung Türen öffnen
Kindertagesstätten, Schulen, Jobcenter, Stadtbüchereien, Jugendzentren und Volkshochschulen – all das sind Orte, die grundlegend für eine chancengerechte Gesellschaft sind. Dort werden Chancen verteilt – oder eben nicht. Deshalb ist die öffentliche Infrastruktur vor Ort so wichtig. Doch ausgerechnet hier hat Deutschland dringend Nachholbedarf. Investitionen fallen seit Jahrzehnten dem Rotstift zum Opfer. Öffentliche Stellen werden gestrichen. Schulen verwahrlosen, Jugendzentren werden geschlossen und Stadtbüchereien zusammengelegt. Diese falsche Schwerpunktsetzung werden wir beenden. Wir werden der allgemeinen Bildung und der Forschung und Entwicklung wieder Vorrang einräumen. Es muss unser Ziel bleiben, mindestens sieben Prozent (statt derzeit circa 4,2 Prozent) der Wirtschaftsleistung in die allgemeine Bildung und mindestens 3,5 Prozent (statt derzeit circa 2,9 Prozent) in Forschung und Entwicklung zu investieren. Wir GRÜNE wollen Länder und Kommunen dabei unterstützen, Kindertagesstätten, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen besser zu bauen und auszustatten. Diese Investitionen in die Zukunft zahlen sich aus. Denn sie schaffen für jede und jeden die Chance, von der eigenen Arbeit zu leben und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können. In vielen Ländern wurde unter grüner Beteiligung deshalb so viel Geld in Bildung investiert wie noch nie zuvor.
Für den weiteren Ausbau des Angebots und zur Verbesserung der Qualität soll der Bund mit mindestens drei Milliarden Euro pro – Jahr eine größere Verantwortung für die frühkindliche Förderung übernehmen. Konkret heißt das: Alle Kinder bekommen einen Anspruch auf einen Ganztagsplatz in einer guten Kita, die mehr als nur eine Betreuungseinrichtung ist und in der Kinder von null bis zur Einschulung ganzheitlich und interkulturell gefördert werden, in dem Erzieher*innen Zeit haben, jedes einzelne Kind zu unterstützen. Als das Land, in dem das international verbreitete Erfolgskonzept des Kindergartens erfunden wurde, wollen wir den ganzheitlichen Gedanken nach vorne stellen und Qualität sichern. Mindeststandards für die Qualität sollen das bundesweit sicherstellen. Für ganzheitliche Bildung, Erziehung und Betreuung soll die Zusammenarbeit mit Eltern in Kindertageseinrichtungen unterstützt werden. Das gut ausgebildete Personal muss deshalb Zeit haben, Kindertageseinrichtungen als Orte für die ganze Familie und vor allem frühkindlicher Bildung zu gestalten. Außerdem wollen wir die Erzieher*innenausbildung neu gestalten und attraktiver machen. Grundsätzlich ist unser Ziel die beitragsfreie Bildung von Anfang an – auch in Kitas. Zunächst muss in den Ausbau und in die starke Verbesserung der Qualität investiert werden. Klar ist, dass kein Kind von einer Kita ausgeschlossen sein darf, weil sich die Eltern diese nicht leisten können. Auch für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule bis zum Ende der vierten Klasse für alle Grundschulkinder streiten wir. Schulen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Aufgaben bekommen, die viele Lehrer*innen, Erzieher*innen und andere Pädagog*innen unter teils schwierigen Bedingungen bereits mit großem Engagement übernehmen: Dazu zählen inklusiver Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, längeres gemeinsames Lernen, digitale und kulturelle Bildung, Willkommensklassen oder auch Schulsozialarbeit. Bildung soll vielfältige Möglichkeiten bieten. Dazu gehört auch, an demokratischen Prozessen teilzuhaben. Wir setzen uns deshalb für die Stärkung von demokratisch organisierten Schulen ein. Schulen, an denen junge Menschen fürs Leben lernen und die auf eine gute Zukunft vorbereiten, müssen selbst Orte der Zukunft sein. Um die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen, ist es erforderlich, entlang der Bildungskette von der Kita bis zur Erwachsenenbildung die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Dies erfordert die Umsetzung der Maßnahmen eines Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Der Bund sollte seine neuen Möglichkeiten, finanzschwache Kommunen im Bildungsbereich zu unterstützen, nun rasch nutzen und ein Förderprogramm zur Sanierung von maroden Schulen auflegen, das auch die baulichen Grundlagen für den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen legt und an eine umfassende Beteiligung und ein Konzept für eine moderne, zeitgemäße pädagogische Architektur geknüpft wird. Auch um einen Ausbau des längeren gemeinsamen Lernens umsetzen zu können. Denn in unseren Schulen gelingt es zu selten, ungleiche Startchancen auszugleichen. Dafür werden wir in den nächsten fünf Jahren zehn Milliarden Euro bereitstellen und so 10.000 Schulen fit für die Zukunft machen. Damit Schulen den Kindern Chancen eröffnen, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen, und auch jene fordern, die viel leisten können. Diese schmale Öffnung der Verfassung war ein erster Schritt. Wir GRÜNE streiten weiter dafür, das Kooperationsverbot komplett aufzuheben. Bund und Länder müssen ihre gemeinsame Verantwortung auch gemeinsam übernehmen können. Wir wollen auch vergleichbare Schulabschlüsse in ganz Deutschland erreichen. Dafür muss der Bildungsföderalismus entkrustet werden.
Wir schlagen den Ländern eine gemeinsame Bildungsoffensive vor. Denn die Qualität in Kita und Schule ist entscheidend. Gute inklusive Bildung setzt nicht nur eine intakte Bildungsinfrastruktur voraus, sondern auch gut ausgebildete Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Künstler*innen oder Handwerker*innen in Schulen. Deshalb wollen wir mit einem Bundesprogramm Schulen in benachteiligten Stadtquartieren oder Regionen mit mehr pädagogischem Personal und mehr Mitteln ausstatten. Dann wäre es auch möglich, den dringend nötigen Ausbau der Ganztagsbetreuung finanziell zu unterstützen. Der Bund könnte mithelfen, dass es für alle, die das wünschen, einen Platz an einer Ganztagsschule oder in der Hortbetreuung gibt.
Uns GRÜNEN geht es darum, allen Menschen zu ermöglichen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Im Moment aber spaltet sich die Gesellschaft immer mehr in Gewinner*innen und Verlierer*innen. Erwerbstätige mit Berufsausbildung verdienen im Laufe ihres Berufslebens eine Viertel Million Euro mehr als diejenigen ohne Ausbildung. Deshalb fordern wir GRÜNE eine Ausbildungsgarantie, die an die Stelle des unübersichtlichen Durcheinanders von Fördermaßnahmen tritt. Alle Jugendlichen sollen direkt nach der Schule – eine anerkannte Berufsausbildung beginnen können, anstatt ziellos von Maßnahme zu Maßnahme geschoben zu werden.
Die Ausbildung junger Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der insbesondere die Wirtschaft ein übergeordnetes Interesse haben muss. Um die Ausbildungsbeteiligung dauerhaft zu erhöhen und damit Betrieben wie Jugendlichen gute Perspektiven zu sichern, befürworten wir branchen- und regionsspezifische Umlagen zur solidarischen Finanzierung der Berufsausbildung. Wir wollen allen Auszubildenden ein eigenständiges Leben ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Stärkung der Tarifautonomie und ergänzend zu den einzelnen Tarifverträgen eine Mindestausbildungsvergütung. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass die Berufsausbildungsbeihilfe einfacher in Anspruch genommen werden kann und sich die Höhe realistisch an den Lebenshaltungskosten orientiert. Um Mobilität während der Ausbildung zu garantieren, setzen wir uns für ein kostengünstiges Auszubildendenticket ein. Dadurch entstehen endlich bessere Bedingungen für den Fachkräftenachwuchs und gesellschaftlich zentrale Branchen wie Handwerks-, Sozial- und Pflegeberufe werden aufgewertet.
Auch das Thema Analphabetismus und mangelnde Grundbildung wollen wir gemeinsam mit der Wirtschaft stärker in den Fokus nehmen und flächendeckend passende Angebote machen. Hochschulen müssen offen sein für alle – ob Arbeiter*innen- oder Akade miker*innenkind, ob Mann oder Frau, jung oder alt, ob einheimisch, eingewandert oder hierher geflüchtet.
Es liegt nicht am Können, dass heute nur ein Viertel der Kinder von Nichtakademiker*innen studiert, gleichzeitig aber drei Viertel der Kinder aus Akademiker*innenfamilien. Daher muss die Studienfinanzierung grundlegend verändert werden: Das BAföG muss wieder zum Leben reichen und für Studierende jeden Alters und in Teilzeit geöffnet werden. Wir wollen ein BAföG, das Sicherheit schafft und nicht durch eine starre zeitliche Begrenzung Druck aufbaut. Mittelfristig soll die Studienfinanzierung aus einem Studierendenzuschuss für alle und einem Bedarfszuschuss für Studierende aus ärmeren Elternhäusern bestehen. Die Alters- und Semestergrenzen der studentischen Krankenversicherung müssen angepasst werden. Studiengebühren lehnen wir ab. Auch die FernUniversität in Hagen wollen wir weiter stärken.

Doch der Zugang zum Studium allein reicht noch nicht aus. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Studium beispielsweise durch die Möglichkeit des Teilzeitstudiums und bessere Studienbedingungen sind wichtig, also gute Lehre, ausreichend Beratungsangebote und mehr Lehrende zur Unterstützung der Studierenden. Dafür wollen wir die Bundesprogramme und Bund-Länder-Pakte endlich zu einem stimmigen Gesamtpaket weiterentwickeln und verstetigen. Dabei wollen wir auch Standards wie zum Beispiel Gleichstellung verankern, um Frauen auf allen Ebenen unseres Wissenschaftssystems zu fördern.
Wir werden demokratische und partizipative Strukturen an Hochschulen stärken. Wir setzen uns für mehr Kooperationen zwischen Bund und Ländern und zwischen den Hochschulen ein, weil wir wollen, dass nicht nur an einzelnen Leuchtturmstandorten, sondern überall gut studiert und geforscht werden kann. Wir wollen einen Bund-Länder-Aktionsplan „Studentisches Wohnen“ auflegen.
Der Zugang zur Wissenschaft als Beruf muss gerecht sein. Wir werden das Wissenschaftszeitvertragsgesetz überarbeiten und einen Aufbruch für zusätzliche Stellen vorantreiben, um so die Situation für Wissenschaftler*innen zu verbessern. Wissenschaftler*innen brauchen faire Arbeitsverträge, weniger Abhängigkeiten und weniger Befristungen, damit sie ohne Existenzangst gut und frei forschen können.

2. Bildung für eine digitalisierte und vernetzte Welt
Unser Leben wird immer stärker durch Software, Algorithmen und digitale Endgeräte geprägt. Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe in allen Lebensbereichen werden so auch immer mehr davon abhängig, ob wir digital mündig sind und welche digitalen Kompetenzen wir haben. Dies stellt eine enorme Herausforderung für unser gesamtes Bildungssystem dar.
Die Kulturtechniken der Digitalisierung – vom Programmieren bis zum kritischen Umgang mit digitalen Geräten und Prozessen – sollen allen Schülerinnen und Schülern vermittelt werden. Didaktische Konzepte und Modellerfahrungen dazu liegen bereits vor; wir wollen uns dafür einsetzen, diese endlich in den Regelbetrieb zu übertragen. Dafür sollen in einer gemeinsamen Anstrengung mit – allen Bundesländern Basiskompetenzen im Bereich Informatik, Medienanwendung und kritische Medienkunde als weiterer Baustein naturwissenschaftlicher Bildung verbindlich eingebracht werden. Auch im Bereich der Weiterbildung wollen wir dafür sorgen, dass unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft digitale Kompetenzen zum Teil der Allgemeinbildung werden.

3. Zugänge in Arbeit schaffen
Chancengerechtigkeit ist nicht nur eine Frage für junge Menschen. Es muss auch darum gehen, dass Menschen, die mitten im Leben stehen oder deren Lebensweg nicht gradlinig verläuft, ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen können. Den Grundgedanken des lebenslangen Lernens gilt es zu stärken. Das heißt für uns, dass es auch später im Leben möglich sein muss, etwas dazuzulernen, sich weiterzubilden oder auch beruflich zu verändern. Gute Bildung kostet Zeit und Geld. Beides ist für viele Menschen Mangelware. Die grüne BildungsZeit Plus sorgt mit einem Mix aus Zuschuss und Darlehen dafür, dass gerade die Menschen, die heute noch viel zu selten an Weiterbildungen oder dem Nachholen von Schul- oder Berufsabschlüssen teilnehmen, die Zeit und die Kosten dafür aufbringen können. Für vielfältige und hochwertige Bildungsangebote braucht es weiterhin gute Arbeitsbedingungen und eine faire Bezahlung für Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung.
Aber auch Menschen mit Behinderung, Jugendliche ohne Ausbildung, Geringqualifizierte, Langzeitarbeitslose oder ältere Beschäftigte brauchen passgenaue Integrationsstrategien und Weiterbildungsangebote. Die Arbeitslosenversicherung muss zu einer Arbeitsversicherung werden, die alle Menschen unterstützt – und zwar schon, bevor sie arbeitslos werden.
Erfolgreiche Integration fußt auf Chancen und Perspektiven. Wer neu in Deutschland ankommt, soll seinen Alltag möglichst schnell selbständig meistern können. Alle Asylsuchenden sollen sofort nach ihrer Ankunft damit beginnen können, Deutsch zu lernen, und einen Anspruch auf Teilhabe an den Integrationskursen erhalten. Deshalb wollen wir, dass Geflüchteten der Weg in die Arbeitswelt rasch offensteht. Dort lernen sie den deutschen Arbeitsalltag, einheimische Gepflogenheiten und hiesige Berufe kennen. Wir legen – Wert auf frühzeitige Bildungsangebote und passende Sprachförderung. Um die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration zu verbessern und dafür zu sorgen, dass eine Ausbildung nicht länger an einer unsicheren Bleibeperspektive scheitert, wollen wir, dass Asylsuchende und Geduldete rechtssichere Aufenthaltstitel für die Ausbildung und die anschließende Beschäftigung erhalten. Eine Differenzierung nach Bleiberechtsperspektiven lehnen wir ab. Wir wollen auch, dass Bildungs- und Berufsabschlüsse, genauso wie berufliche Kenntnisse, schneller und großzügiger anerkannt werden.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Integrationspolitik und Asyl
Die Grünen…

  • möchten sichere, legale Fluchtwege schaffen.
  • wollen großzügige Aufnahmeprogramme – nicht nur für Flüchtlinge aus Syrien – entwickeln.
  • fordern einen Abschiebestopp nach Afghanistan.
  • streben nach einer besseren Ausstattung für die Kommunen.
  • fordern für Deutschland als Einwanderungsland auch ein Einwanderungsgesetz.

„Die Zahl der Menschen auf der Flucht wächst. Weltweit sind über 65 Millionen Menschen auf der Suche nach Schutz für sich und ihre Familien. Flucht kennen viele Deutsche aus ihrer Familiengeschichte von ihren Eltern und Großeltern, manche haben selbst noch Flucht und Vertreibung als Folge des Zweiten Weltkriegs erlebt. Viele sind aus der DDR in den demokratischen Westen geflohen. Menschen fliehen vor Krieg, politischer Vertreibung und Verfolgung, immer häufiger auch vor den Folgen der Klimakrise und Umweltzerstörung. Wir erleben die große Herausforderung der Fluchtbewegung an den Grenzen Europas genauso wie hierzulande. Doch die meisten Menschen fliehen in Regionen nahe ihrer Heimat, fast zwei Drittel innerhalb der Grenzen des eigenen Heimatlandes, in der Hoffnung, zurückkehren zu können.
Unser Land hat in einer Zeit, wo andere Staaten sich weggeduckt haben, vielen Menschen Zuflucht geboten. Wo einige Tausende gegen Geflüchtete gehetzt haben, haben Millionen Menschen geholfen und dadurch gezeigt, wie stark die Zivilgesellschaft in Deutschland ist. Auch die Mitarbeitenden in Verwaltungen und Institutionen sind über sich hinausgewachsen. Die deutsche Bundesregierung hat zuerst mit Humanität reagiert. Dafür hatte sie unsere Unterstützung. Doch leider hat sie sich von dieser Politik schnell abgewendet. Das Asylrecht hat sie massiv verschärft und zusammen mit anderen europäischen Regierungen betreibt sie die Abschottung der EU. Während Trump plant, eine Mauer zu bauen, versteckt sich Europa mittlerweile hinter Zäunen und Stacheldraht. Diese Abschottung ist unmenschlich und verschärft auf Dauer die Probleme.
Wir wollen, dass Deutschland besser als 2015 auf humanitäre Herausforderungen vorbereitet ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kommunen, anderer Behörden, Organisationen und viele Freiwillige waren an den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit, tausende Flüchtlinge wussten nicht, ob sie Schutz finden können, mancher Flüchtling wurde fünfmal und andere gar nicht registriert. Wir wollen wissen, wer nach Europa kommt, wir wollen geregelte Verfahren und eine Kontrolle der europäischen Außengrenze. Nicht jeder, der zu uns kommt, kann bleiben, aber jeder hat Anspruch auf ein rechtsstaatliches Verfahren und den Schutz seiner Menschenrechte auch nach einer Ablehnung. Jede Abschiebung ist mit großen menschlichen Härten verbunden. Deshalb möchten wir für all jene, die keinen Anspruch auf Asyl haben, die freiwillige Rückkehr stärken. Nicht jeder abgelehnte Asylantrag führt zu einer Abschiebung. In vielen Fällen wird aus rechtlich verbrieften humanitären Gründen ein Aufenthaltstitel vergeben und nicht abgeschoben. Wir finden das richtig, halten an dieser Politik fest und stellen uns gegen den an Zahlen ausgerichteten Abschiebepopulismus der Großen Koalition.“

„1. Unser Plan für eine aktive Flüchtlingspolitik
Für uns besteht eine Flüchtlingspolitik aus vier Schritten. Erstens machen wir ernst mit der Bekämpfung von Fluchtursachen. Die beste Flüchtlingspolitik ist eine, die Flucht unnötig macht.
Zweitens sorgen wir durch legale Wege dafür, dass Flüchtende nicht länger ihr Leben auf gefährlichen Fluchtrouten riskieren müssen. Wir werden Kontingente einrichten, wie beispielsweise ein großzügig angelegtes Resettlementprogramm, das Menschen einen sicheren Weg eröffnet und unter der Leitung des UNHCR ein fester Bestandteil der Flüchtlingspolitik in Deutschland wird. Der faire Anteil Deutschlands wird sich an dem vom UNHCR errechneten Bedarf ausrichten. Das ist unsere Untergrenze für eine humanitäre Politik. Auch humanitäre Visa, die Schutzbedürftigen ermöglichen, sicher nach Europa zu kommen und hier Asyl zu beantragen, können legale Fluchtmöglichkeiten schaffen. Resettlement ist eine Er gänzung zum bestehenden Flüchtlingsschutz der Genfer Flüchtlingskonvention. Das individuelle Asylrecht wird dadurch nicht an ge tastet.
Der dritte Punkt sind schnelle, faire und rechtsstaat lich einwandfreie Verfahren. Es muss schnell Klarheit darüber ge schaffen werden, ob ein Asylantrag zur Anerkennung führt. Erstver sorgung und Unterbringung bis zur Verteilung sowie die Identifi zierung, die Registrierung und die Weiterverteilung der Schutzsuchen den auf die Mitgliedstaaten sollten nach Möglichkeit bereits in den Eintrittsländern innerhalb der EU organisiert werden. Das darf aber nicht zu unmenschlichen Flüchtlingslagern wie in den gegenwärtigen Hotspots führen. Die Erstaufnahme muss eine menschenwürdige Unterbringung gewährleisten, die insbesondere Rücksicht nimmt auf die Bedürfnisse von Frauen, Kindern, Kranken und besonders verletzliche Gruppen. Nach der Identifizierung und Registrierung muss die rasche Verteilung in andere Mitgliedstaaten erfolgen. Die De-facto-Isolierung in großen Erstaufnahmeeinrichtungen über Monate hinweg lehnen wir GRÜNE ab. Schnelle Verfahren führen zu schneller Klarheit für die Betroffenen. Dazu gehört eine freiwillige und möglichst zügige Rückkehr der jenigen, die nach dem Abschluss rechtsstaatlicher Verfahren kein Bleiberecht in Deutschland erhalten. Wir werden neben unserer vollen Unterstützung für anerkannt schutzbedürftige Menschen auch verantwortungsvoll mit denjenigen umgehen, die kein Bleiberecht in Deutschland erhalten und rückgeführt werden müssen. Dabei muss auch darauf geachtet werden, dass Geflüchtete nicht von staatlicher Stelle zur freiwilligen Rückkehr gedrängt werden. Sammelabschiebungen sind für uns inakzeptabel. Mit uns in der Bundes regierung wird es keine Abschiebungen in Krisenregionen geben, die so unsicher sind wie zum Beispiel Afghanistan momentan. Für uns steht das Schicksal des einzelnen Menschen im Mittelpunkt.
Viertens werden wir diejenigen, die bleiben, gut aufnehmen und tatkräftig dabei unterstützen, unsere Sprache zu lernen, eine Wohnung und eine Arbeit zu finden, um schließlich hier eine neue Heimat finden zu können.“

„2. Fluchtursachen bekämpfen
Die beste Flüchtlingspolitik ist und bleibt diejenige, die Menschen davor bewahrt, ihre Heimat verlassen zu müssen. Eine Politik, die daran arbeitet, die strukturellen Ursachen der Zerstörung von Lebensgrundlagen langfristig zu beheben. In der globalisierten Welt hilft es dabei wenig, wenn alle mit dem Finger auf die anderen zeigen. Fluchtursachenbekämpfung heißt deshalb für uns GRÜNE zunächst, nach der eigenen Verantwortung zu fragen.
Wir in Europa exportieren Rüstungsgüter in Krisengebiete, überfischen die Weltmeere und nehmen in Kauf, dass unsere Agrarexporte andernorts die Existenzgrundlage von Bäuerinnen und Bauern zerstören. Die Ursachen von Flucht und Vertreibung lassen sich weder mit höheren Zäunen noch mit Patrouillenbooten oder durch Pakte mit Autokraten lösen. Wir GRÜNE setzen uns deshalb für eine kohärente internationale Politik ein und fordern strukturelle Reformen in Bereichen wie Handel, Landwirtschaft, Energie, Fischerei, Außenpolitik und Klimaschutz, wie sie die nachhaltigen Entwicklungsziele vorgeben. Wir werden die ärmsten Staaten bei der Anpassung an Klimaveränderungen entschieden unterstützen. Und wir brauchen eine faire Handelspolitik. Rüstungsexporte in Krisengebiete und an Staaten mit hochproblematischer Menschenrechtslage werden wir stoppen.
Die EU muss mehr zur Bewältigung der Krisen und Kriege beitragen, vorrangig im Rahmen der Vereinten Nationen. Zivile Krisenprävention wird daher ein zentrales Feld grüner internationaler Politik bleiben. Um Menschen zu helfen, die sich bereits auf den Weg gemacht haben, muss die deutsche humanitäre Hilfe in einer krisenhaften Zeit wie dieser auf weit über eine Milliarde Euro stabilisiert werden und UN-Hilfsorganisationen wie das World Food Programme brauchen zudem eine dem Bedarf entsprechende stabile Finanzierung. Länder wie Jordanien, Türkei, Pakistan, Libanon, Äthiopien oder Kenia nehmen weltweit die meisten Flüchtlinge auf. Die internationale Gemeinschaft darf diese Länder aus humanitären Gründen nicht im Stich lassen.“

„3. Für eine menschenrechtliche und solidarische europäische Flüchtlingspolitik
Alle europäischen Staaten müssen ihrer Verantwortung in Europa und der EU gerecht werden. Eine menschenrechtliche Flüchtlingspolitik muss die Beseitigung von Fluchtursachen, die Schaffung sicherer und legaler Fluchtwege nach Europa und die Seenotrettung im Fokus haben.
Wir kämpfen für eine menschenrechtskonforme und rechtsstaatliche EU-Flüchtlingspolitik, die sich durch einen fairen Zugang zum Asylverfahren auszeichnet und die Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention umsetzt. Die Mitgliedstaaten der EU müssen sich die Verantwortung für schutzsuchende Menschen fair und solidarisch teilen, damit Staaten an den EU-Außengrenzen wie Italien und Griechenland entlastet werden. Im Rahmen eines europäischen Verteilungsmechanismus müssen die familiären Bindungen von Flüchtlingen, Sprachkenntnisse, berufliche Qualifikation und Chancen auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt werden. Wir halten das für den richtigen Weg für eine schnelle Integration und werden darum mit den EU-Partnerinnen und Partnern ringen, auch in dem Wissen, dass das noch ein weiter Weg ist. Dazu gehört, europaweit einheitliche Asylverfahren mit hohem Schutzstandard zu implementieren. Der drohenden Aushöhlung menschenrechtlicher Standards bei der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems stellen wir uns entgegen. Das Dublin-System hat von Anfang an nicht richtig funktioniert. Wir wollen ein neues, solidarisches System, das auf einer gerechten Verantwortungsteilung unter den Mitgliedstaaten basiert.
Nach unserem Verständnis der europäischen Werte und der Solidarität ist es Aufgabe aller 27 Mitgliedstaaten, Geflüchteten Schutz zu gewähren. Bisher ist es ein großes Problem der Flüchtlingspolitik, dass sich einige EU-Staaten dieser Solidarität verweigern. Für dieses Dilemma gibt es kein Patentrezept. Eine vorübergehende Lösung kann deshalb auch bedeuten, dass sich nur einzelne Staaten innerhalb der EU im Sinne einer offenen Flüchtlingspolitik koordinieren – aber eine dauerhafte Lösung ist das nicht.
Die gegenwärtige Abschottungspolitik der EU und vieler nationaler Regierungen gegenüber Geflüchteten ist menschenrechtlich verheerend, beschädigt die europäische Wertegemeinschaft, verstärkt nationale Egoismen und bietet in keiner Weise Lösungen für die Fluchtursachen. EU-Länder, die sich einer aktiven Aufnahme und den Standards für die Versorgung und die Verfahren der Geflüchteten verweigern, müssen die finanziellen Aufwendungen der anderen Mitgliedstaaten mittragen.
Der Türkei-Deal schirmt Europa nicht nur vor Verantwortung, sondern Präsident Erdogan auch vor Kritik ab. Die EU hat sich dadurch gegenüber der Türkei erpressbar gemacht und nimmt damit billigend die dramatische Situation geflüchteter Menschen in der Türkei in Kauf. Auch wird mit der EU-Türkei-Vereinbarung davon abgelenkt, dass Staaten wie Griechenland und Italien nach wie vor Unterstützung bei der Aufnahme und Versorgung von Asylsuchenden benötigen. Diesen Türkei-Deal wollen wir beenden. Es ist eine gesamteuropäische Aufgabe, die Kontrolle an den Außengrenzen sicherzustellen und damit zu gewährleisten, dass wir wissen, wer im Land ist. Dabei setzen wir auf eine europäische Grenzkontrolle, die den gemeinsamen Schutz der Menschenrechte zur Grundlage hat sowie das Vertrauen in das Schengen-System stärkt. Statt Grenzen dichtzumachen oder auszulagern, setzen wir auf legale und sichere Zugangswege, etwa durch Kontingente der EU bei der Aufnahme von Geflüchteten. Wir werden auf die zügige und bereits beschlossene Umverteilung innerhalb Europas drängen. Hier müssen vor allem die vielen auf der Flucht getrennten Familien im Fokus des politischen Handelns stehen. Zudem werden wir die humanitäre Hilfe und finanzielle Unterstützung für Geflüchtete in der Türkei aus bauen. Dabei werden wir sicherstellen, dass diese Gelder auch wirklich den flüchtlingssolidarischen NGOs und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen zugutekommen.
Zudem dürfen durch Aufnahmeprogramme von Flüchtlingen in Europa das Grundrecht auf Asyl und die Gewährleistungen der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausgehöhlt werden. Die Aufnahme darf nicht auf Flüchtlinge aus bestimmten Weltgegenden beschränkt werden.
Die falsche Politik des EU-Türkei-Deals darf keine Blaupause für neue Abkommen mit Staaten in Afrika und dem Nahen Osten sein. Derzeit bemühen sich die europäischen Regierungen darum, eine Reihe weiterer solcher Abkommen zu schließen und die Grenzen damit schon weit vor Europa in Afrika und im Nahen Osten zu schließen. Die De-facto-Auslagerung der europäischen Außengrenzen durch Migrationspartnerschaften mit Staaten, in denen Menschen- und Flüchtlingsrechte nicht gewahrt sind, lehnen wir ebenso ab wie die Umwidmung entwicklungspolitischer Gelder für menschenrechtlich problematische Grenzschutzprojekte. Menschenrechtswidrige Rücknahmeabkommen werden wir zurücknehmen, denn sie sind mit einer humanitären und modernen Asylpolitik nicht vereinbar.
Wir GRÜNE sind der Überzeugung, dass faire Wirtschaftsbeziehungen, wirksame Entwicklungszusammenarbeit, Austauschprogramme oder zivilgesellschaftliches Engagement ein besseres Modell sind, um mit nordafrikanischen Staaten in Dialogpartnerschaften zu treten. Auch bei der Rückkehrpolitik gegenüber abgelehnten Asylbewerber*innen werden wir gemeinsame Lösungen finden.“

„4. Verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik für Deutschland
Deutschland muss sich weiterhin seiner Verantwortung in der Flüchtlingspolitik stellen. Die Bundesregierung hat die Entwicklung hoher Flüchtlingszahlen, insbesondere aus Syrien, viel zu lange ignoriert und war insbesondere im Jahr 2015 an vielen Stellen überfordert. Ohne das starke Engagement der Bürgerinnen und Bürger, von Kommunen und Vereinen wäre die Aufnahme der vielen Geflüchteten nicht möglich gewesen.
In den letzten zwei Jahren hat die Regierung das Asylrecht massiv verschärft. Dazu gehört neben der Beschneidung sozialer Rechte zum Beispiel auch, dass nun kranke Menschen leichter abgeschoben werden können und Abschiebungen ohne Ankündigung möglich sind. Das führt dazu, dass junge Menschen selbst aus der Schule zur
Abschiebung abgeholt werden. Wir lehnen diese Asylrechtsverschärfungen ab und wollen sie im Sinne einer humanen und menschenrechtlichen Flüchtlingspolitik korrigieren. Der Regierungspolitik liegt der Irrglaube zugrunde, dass ein unattraktives Asylrecht Flucht verhindert.
Wir GRÜNE halten die betriebene Ausweitung der angeblich „sicheren Herkunftsstaaten“ für falsch. Mit der Bestimmung „sicherer Herkunftsstaaten“ gehen für die Betroffenen erhebliche Beschränkungen von Verfahrensrechten, sozialen und wirtschaftlichen Rechten einher. Wir lehnen das Konzept „sichere Herkunftsstaaten“ deshalb ab und werden im Bund an unserer Position gegen eine weitere Ausweitung festhalten. Wir wenden uns auch gegen die Ausweitung und Anwendung des Konzepts des sicheren Drittstaats. Unsichere Staaten lassen sich nicht per Gesetz für „sicher“ erklären. Gerade für Minderheiten wie Roma, LSBTIQ*, aber auch Frauen, Oppositionelle, Journalist*innen oder die Verteidiger*innen von Menschenrechten sind viele Länder oft nicht sicher.
Wir GRÜNE stehen für die uneingeschränkte Bewahrung des individuellen Grund- und Menschenrechts auf Asyl, das entspricht unserer Verantwortung in einer globalisierten Welt und ist für uns ein Gebot des Völkerrechts und der Menschlichkeit. Mit uns wird es deshalb keine Obergrenze geben.“

„5. Faire und rasche Verfahren
Die schnelle, qualitativ hochwertige Bearbeitung von Asylanträgen durch das BAMF ist und bleibt von zentraler Bedeutung. Alle Schutzsuchenden müssen möglichst schnell wissen, ob sie in Deutschland bleiben, ihre Familien zu sich holen und sich ein Leben aufbauen können. Wir wollen Asylverfahren künftig zügiger binnen weniger Wochen durchführen, damit lange Wartezeiten für Asylsuchende ein Ende haben. Dafür haben wir ein Fast-&-Fair-Verfahren vorgeschlagen. Um die Verfahren qualitativ weiterzuentwickeln, setzen wir darauf, dass verpflichtend unabhängige Rechtsberatung von Anfang an stattfindet.
Asylbewerberinnen und Asylbewerber, deren Anträge im Bundesamt für Migration und Flucht länger als ein Jahr im Verfahren sind, sogenannte Altfälle, sollen künftig eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Wir setzen uns außerdem dafür ein, dass in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Verfahren das Kindeswohl vorrangig berücksichtigt und kinderbezogene Fluchtgründe stärker anerkannt werden. Familientrennungen im Rahmen von Abschiebungen wollen wir verhindern. Denn gerade die Lebenssituation der Kinder ist es, die Familien oftmals veranlasst, ihrer Heimat den Rücken zu kehren.
Auch geschlechtsspezifische Fluchtgründe, wie zum Beispiel Genitalverstümmelung, geschlechtliche Identität oder sexuelle Orientierung, müssen im Asylverfahren stärker berücksichtigt werden. Zentral ist für uns auch die sichere Unterbringung für Frauen, Kinder und LSBTIQ*, deren unbedingter Schutz vor jeder Form von Gewalt sichergestellt werden muss.“

„6. Die Integration von Geflüchteten braucht gute Strukturen
Für die Menschen, die hier Zuflucht finden, wollen wir ein Integrationsgesetz, das diesen Namen auch verdient. Wir wollen, dass Integration als partizipativer Prozess auf Grundlage der Werte unseres Grundgesetzes erfolgt und ermöglicht wird. Derzeit entscheidet der Aufenthaltsstaus beziehungsweise die sogenannte Bleibeperspektive über die Integration. Das schließt viele Geflüchtete aus und es geht wertvolle Zeit verloren. Wir wollen Integrationsangebote von Anfang an allen Schutzsuchenden öffnen. Dazu braucht es einen Ans pruch auf Teilnahme an gut ausgestatteten Integrationskursen, angemessen bezahlte Kursleiter*innen, eine möglichst dezentrale Unterbringung und den Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe, Bildung und Ausbildung sowie arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Ausländerbehörde, Jobcenter respektive die Bundesagentur für Arbeit und das Sozialamt sollen die Neuankommenden aus einer Hand beraten.
Menschen – insbesondere mit Kriegs- und Gewalterfahrungen – aufzunehmen, ist eine Herausforderung für Neuankommende und Einheimische. Jeden Tag leisten viele Haupt- und Ehrenamtliche in unseren Kommunen Großartiges. Dieses Engagement muss flankiert werden von mehr professioneller Hilfe im Bereich psychosozialer Betreuung von Flüchtlingen. Wir wollen den Menschen das Ankommen erleichtern und ihnen unabhängig von Nationalität und vermeintlicher Bleibeperspektive das Recht auf einen Integrationskurs geben. Eine wichtige Bedingung für gelingende Integration ist zudem, anerkannten Flüchtlingen wie auch subsidiär Schutzberechtigten unbürokratisch den Familiennachzug zu ermöglichen. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten muss sofort wieder ermöglicht werden, die Visumsverfahren müssen beschleunigt und entbürokratisiert werden. Denn nur wer seine Familie in Sicherheit und in seiner Nähe weiß, kann sich auf die neue Heimat mit aller Kraft einlassen. Wir setzen uns für eine Erleichterung des Nachzugs minderjähriger Geschwister von unbegleiteten minderjährigen Flücht lingen ein, da diese ebenfalls zur Kernfamilie gehören.
Der grundgesetzlich garantierte, besondere Schutz gilt nicht nur für deutsche Familien. Geflüchtete werden oft schon allein durch ihre Wohnsituation ausgegrenzt. Deswegen brauchen wir einen schnellen Wechsel von Massenunterkünften in Wohnungen und dafür ausreichend bezahlbaren Wohnraum. Der kommt allen zugute, genauso wie eine Bildungsoffensive für mehr gute Kindertagesstätten und Schulen. Menschen bringen nicht nur ihre Not, sondern auch ihre Fähigkeiten und ihre Motivation mit, wenn sie bei uns Zuflucht suchen. Deswegen wollen wir ihre Bildungs- und Berufsabschlüsse schneller anerkennen und die bürokratischen Hürden bei der Anerkennung abbauen. Wir wollen einen rechtmäßigen Aufenthalt während und nach der Ausbildung garantieren und die Vorrangprüfung abschaffen, nach der deutsche Bewerberinnen und Bewerber bei Ausschreibungen bevorzugt werden müssen. Außerdem wollen wir die Beschränkungen aussetzen, die für Geflüchtete bei der Leiharbeit gelten. Geflüchtete Frauen können bisher zu wenig an den Angeboten der Arbeitsmarktintegration teilhaben. Dafür wollen wir niedrigschwellige Angebote schaffen – sowohl im Bereich der Sprach- und Integrationskurse als auch bei den Arbeitsagenturen. Dabei muss ausreichend Kinderbetreuung angeboten werden.
Wir setzen uns zudem für eine realitätstaugliche Bleiberechtsregelung und eine sichere Zukunftsperspektive für geduldete Menschen ein. Viele geduldete Menschen leben mittlerweile über fünf, manche sogar über zehn Jahre hier, viele haben eine Familie gegründet. Wir werden für diese Menschen endlich eine sichere Perspektive schaffen. Dafür brauchen wir neue Bleiberechtsregelungen, die langjährig in Deutschland lebenden, beispielsweise geduldeten Menschen eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis ohne Einschränkungen ermöglichen. Bestehende Bleiberechtsregelungen müssen realitätstauglich gestaltet und angewendet werden. Die Ausschlussgründe müssen enger gefasst werden. Zählen muss das aktuelle Verhalten. Jahrelange Benachteiligungen bei Integrationsmaßnahmen und erteilte Arbeitsverbote dürfen sich nicht negativ auswirken. Wir wollen die Voraufenthaltszeiten für ein Bleiberecht verkürzen und auch die Altersgrenze für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende auf 27 Jahre heraufsetzen. Menschen ohne Aufenthaltsstatus sollen Zugang zu Gesundheit und Bildung erhalten. Wohnsitzauflage und Residenzpflicht für Geflüchtete müssen wieder fallen. Das integrationsfeindliche Asyl bewerber*innenleistungsgesetz wollen wir abschaffen, die Gesundheitskarte für alle Geflüchteten einführen und die Dolmetscher*in nenleistungen bei Gesundheitsbehandlungen sicherstellen. Die Standards der Kinder- und Jugendhilfe müssen ohne Abstriche auch für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge gelten. Dafür muss der Bund den Ländern und Kommunen ausreichend Geld zur Verfügung stellen. In den grün regierten Ländern haben wir die Kommunen nicht alleingelassen, sondern massiv unterstützt. Frauen und Männer, die sich einer Zwangsverheiratung entziehen wollen, müssen ein eigenständiges und dauerhaftes Rückkehrrecht nach Deutschland erhalten“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Sicherheit

Die Grünen…

    • lehnen eine Erhöhung der Militärausgaben klar ab.
    • fordern die Einführung eines Rüstungsexportgesetzes.
    • möchten keine Waffen mehr in Krisenregionen exportieren.
    • wollen die Vereinten Nationen als zentralen Akteur auf globaler Ebene sehen.

„III. WIR SICHERN FREIHEIT
Deutschland ist ein sicheres Land und es soll sicher bleiben.Grundlage dafür sind unsere freie Gesellschaft und ein liberaler Rechtsstaat – beide wollen wir stärken. Nur demokratisch kontrollierte Institutionen, die den Menschen- und Bürger*innenrechten verpflichtet sind, genießen das Vertrauen der Bürger*innen. Nur ein freiheitlicher und damit starker Rechtsstaat garantiert den nötigen Schutz wie auch Freiraum für die Selbstbestimmung und die vielf ältigen Lebensweisen jeder und jedes Einzelnen in unserer Ge sellschaft. Eine maßlose Politik immer weitreichenderer Grundrechtseingriffe schwächt hingegen unsere Freiheit und sorgt nicht für mehr Sicherheit. Stattdessen braucht es eine Politik der inneren Sicherheit, die auf wirksame Prävention und effektive Strafver folgung setzt, um die Menschen vor Kriminalität, Gewalt und Dis kriminierung zu schützen. Aufgabe der Sicherheitsinstitutionen ist es dabei, für die Rechte der Bürger*innen einzutreten und neue wie alte Gefahren für Freiheit und Sicherheit wirksam zu bekämpfen.
Unsere freie Gesellschaft und ihre Werte sind heute ganz unterschiedlichen Angriffen ausgesetzt. Gewalt kann nie ein Mittel sein, Überzeugungen durchsetzen zu wollen. Der menschenverachtende Terror des Dschihadismus will unsere Demokratie destabilisieren, wie das auch Rechtsextreme und Reichsbürger*innen versuchen. Diesen Gefahren stellen wir uns entschlossen entgegen. Wir tun dies mit rechtsstaatlichen Mitteln und zielgerichteten Maßnahmen. Pauschale Verdächtigungen und anlasslose Datensammlungen sind hier nur kontraproduktiv. Es ist viel wirksamer, gezielt mit verhältnismäßigen Mitteln einige hundert Personen zu überwachen, die hierfür auch einen hinreichenden Anlass geboten haben, als 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger anlasslos mit der Vorratsdatenspeicherung, flächendeckender Videoüberwachung oder automatisierter Gesichtserkennung zu erfassen. Wir lehnen diese jeweils ab. Die Sicherheitsbehörden benötigen vielmehr die Befugnisse, die erforderlich sind, um zielgerichtet Gefahren abwehren zu können. Polizeiliches Handeln braucht dabei ein gutes rechtsstaatliches Fundament – genau formuliert und kontrolliert.
Die terroristischen Anschläge der jüngsten Vergangenheit wie am Breitscheidplatz in Berlin, die zahllosen Angriffe auf hier schutzsuchende Menschen, aber auch die Erkenntnisse aus den NSU-Untersuchungsausschüssen offenbaren die Notwendigkeit, die Sicherheitsbehörden für die aktuellen Bedrohungen besser aufzustellen. Zudem ist das Vertrauen in den Staat angesichts rechtswidriger Massenüberwachung durch deutsche wie internationale Geheimdienste und das Eigenleben beim Verfassungsschutz beschädigt.
Die gegenwärtige Regierung versucht mit dem verzerrten Drohbild eines gegen Terror und Kriminalität hilflosen Staates nur von den eigentlichen Fehlentwicklungen in der Sicherheitspolitik abzulenken. Anstatt Fehler zu beheben, forciert die Bundesregierung Gesetzesverschärfungen im Hauruckverfahren, ohne die Folgen abzuschätzen. Im besten Fall sind sie sicherheitspolitische Placebos, im schlechtesten Fall weitreichende Grundrechtsverletzungen. Wir sperren uns nicht gegen jede Gesetzesänderung, sind aber nicht bereit, unwirksame Verschärfungen auf Kosten unserer Grundrechte zu akzeptieren – erst einmal müssen die bestehenden Gesetze wirksam angewendet werden. Viele der aktuellen Maßnahmen sorgen für weniger Sicherheit, weniger Freiheit und eine weniger lebenswerte Gesellschaft. Sie gehören nach wissenschaftlichen Kriterien auf den Prüfstand und im Zweifel korrigiert. Stattdessen bedarf es einer wirksamen Anwendung der bestehenden Gesetze und eines effektiven Grundrechtsschutzes.
Wir setzen auf das Konzept einer bürgernahen Polizei, die wie auch die Justizbehörden über genug und gut ausgebildetes Personal mit moderner Technik verfügen muss, sowie auf eine Zusammenarbeit der europäischen Sicherheitsbehörden, die auf klaren rechtsstaatlichen Regelungen basiert.

1. Sicherheit in einem starken, weil freiheitlichen Rechtsstaat
Unsere rechtsstaatliche Sicherheitspolitik braucht eine Polizei, die in der Gesellschaft anerkannt wird. Eine Polizei, die gut ausgestattet, fachkundig und bürgernah arbeiten kann. Die früheren Einsparungen waren ein schwerer Fehler. Für motivierte Polizeiarbeit braucht es neben moderner Technik vor allem mehr Personal mit guten Qualifikationsund Karrierechancen sowie familienfreundliche Arbeitsbedingungen. Dafür setzen wir GRÜNE uns auch in den Landesregierungen ein. Bund und Länder müssen kontinuierlich ausbilden, einstellen sowie für Entlastung bei administrativen Aufgaben sorgen. Wir brauchen Behörden, die an der Seite der Menschen für Sicherheit sorgen und für unseren Rechtsstaat eintreten. Deswegen unterstützen wir eine vielfältige und bürgernahe Polizei. Immer mehr Frauen und Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund im Polizeidienst helfen beim Bürgerkontakt und bei der Verbrechensbekämpfung. Eine vielfältige Polizei, die unverhältnismäßigen Gewalteinsätzen oder sexistischen und rassistischen Diskriminierungen keinen Platz bietet, ist im Interesse von uns allen und gerade auch der Beamt*innen selbst. Wir setzen uns daher für eine Weiterentwicklung der Fehlerkultur, interkulturelle Kompetenz und Fortbildungen ein, fördern die anonymisierte Kennzeichnung sowie unabhängige Polizeibeauftragte – als Ansprechpartner*innen für Bürger*innen wie Polizeibeamt*innen. Außerdem brauchen wir gut ausgestattete Gerichte und Staatsanwaltschaften sowie eine selbstverwaltete Anwaltschaft als unabhängiges Organ der Rechtspflege. Der Zugang zum Recht muss für alle Menschen gleichermaßen gewährleistet sein. Das Strafrecht darf immer nur letztes Mittel sein.
Videoüberwachung kann an Gefahrenschwerpunkten eine unterstützende Maßnahme sein – wenn sie anlassbezogen, verhältnismäßig, von ausreichend Personal begleitet erfolgt und regelmäßig evaluiert und neu genehmigt werden muss. Denn Kameratechnik kann gute Polizeiarbeit ergänzen, nicht aber ersetzen. Eine flächendeckende Kameraüberwachung ist hingegen ein unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff, der kein Mehr an Sicherheit schafft und keine Straftaten verhindert oder diese nur verdrängt – anders als präventive Konzepte wie beispielsweise durch bauliche Maßnahmen. Zudem müssen die Standorte von Kameras in der Öffentlichkeit für die Bürger*innen transparent sein.
Kriminalitätsfelder wandeln sich. Während die Kriminalität insgesamt sinkt, verunsichern andere Phänomene wie die hohen Einbruchszahlen viele Menschen, da sie hier konkret in ihrer Lebenswirklichkeit getroffen werden. Daher wollen wir Schutzmaßnahmen fördern und im Mietrecht Sicherheitseinbauten erleichtern – denn wir setzen auf wirksame Maßnahmen zur Einbruchsprävention anstatt auf symbolische Strafverschärfungen.
Organisierte Kriminalität ist vielfältig und, wie im Banden- und Rockerbereich, international verflochten und stark nach außen abgeschottet. Das erfordert besondere Bekämpfungskonzepte. Ein Fokus ist dabei auf die Abschöpfung illegaler Gewinne sowie auf eine länderübergreifende Polizeizusammenarbeit zu legen. So lässt sich auf künftige Bedrohungen zielgerichteter und flexibler als durch Gesetzesänderungen reagieren.
So vielfältig die Probleme, so vielfältig sind auch die Ursachen: Wir müssen den Blick auf die Sicherheitslage schärfen – anstatt ihn auf die bloße Kriminalitätsstatistik zu verkürzen. Im Sinne periodischer Sicherheitsberichte sind kriminologische und praxisbezogene Erkenntnisse zusammen zu denken. Nur so finden wir wirksame Antworten auf diese Phänomene. Denn innere Sicherheit verstehen wir als Querschnittsaufgabe: in vielen Politikbereichen, von der Kommune über Bund und Länder bis Europa. Das erfordert Anstrengungen von der Sozial- bis zur Bildungspolitik, vom Städtebau bis zur Wirtschaftspolitik.
Internetkriminalität fordert die Strafverfolgungsbehörden besonders heraus. Die entsprechenden Befugnisse in der Strafprozessordnung sind hier effektiv wie rechtsstaatskonform auszugestalten. Und es braucht qualifiziertes Personal mit der nötigen Technik. Um sich auf diese eigentlichen Herausforderungen konzentrieren zu können, wollen wir Justiz und Polizei von sachfremden Verwaltungsaufgaben und der Verfolgung von Bagatelldelikten entlasten. So ist es beispielsweise unsinnig, dass Menschen im Gefängnis sitzen, nur weil sie ihre Strafe fürs Schwarzfahren nicht bezahlen können.
Mehr Personal mit guter Ausstattung und eine optimierte internationale Zusammenarbeit der Polizei, die nicht zwei Millionen Überstunden vor sich herschieben, sind zwar nicht so billig wie Gesetzesverschärfungen, verbessern aber direkt die Sicherheitslage. Die gezielte und länderübergreifende Überwachung von Terrorverdächtigen muss im Zentrum der polizeilichen Arbeit stehen – wo es nötig ist, auch mit den gebotenen Mitteln rund um die Uhr, um sie bei konkreter Gefahr auch kurzzeitig festzusetzen. Gefahrenabwehr ist Aufgabe der Polizei. Zudem muss das System der Zusammenarbeit zwischen Bundeskriminalamt und den Staatsschutzdienststellen der Bundesländer analysiert und verbessert werden. Es gilt hier, klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu schaffen.
Den regelmäßigen Rufen nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren erteilen wir eine klare Absage. Weil Terror und internationale Kriminalität keine Grenzen kennen, brauchen wir Sicherheitsbehörden, die in der Europäischen Union und international nach klaren rechtsstaatlichen Kriterien, gemeinsamen Grundrechtsstandards und von den Parlamenten kontrolliert zusammenarbeiten. Wir setzen uns für EU-weit hohe Standards für die Rechte von Verdächtigen und Beschuldigten ein. Außerdem unterstützten wir einen angemessenen Informationsaustausch zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden sowie gemeinsame Europol-Ermittlungsteams – als wirksamen Ansatz gegen grenzübergreifende Kriminalität und Terrorismus. Europa hat mit dem Schengen-Abkommen eine gemeinsame Verantwortung für seine Außengrenzen – diese gilt es durch ein Gesamtkonzept zu stärken, das den Schutz der Menschenrechte zur Grundlage hat und Rechtssicherheit garantiert.
Einen wichtigen Beitrag zu unserer Sicherheitsarchitektur leisten die vielen freiwilligen Mitglieder der Feuerwehr, des Technischen Hilfswerks sowie der Rettungs- und Sanitätsdienste. Im Rahmen des Bevölkerungsschutzes möchten wir das ehrenamtliche Engagement nachhaltig stärken und für moderne und zuverlässige Ausrüstung sorgen.

2. Nazis, nein danke!
Rechtsextreme Fanatiker*innen, Reichsbürger*innen, Nazis und sogenannte Identitäre formieren sich. Es gibt eine zunehmend laute rechte und rechtspopulistische Szene in Deutschland, die sich im Internet oder bei den Pegida-Demos mit ihrer Hetzerei Gehör verschafft. Die Zahl rechter Straftaten hat ein Rekordniveau erreicht. Wir stellen uns dem Rechtsruck und der zunehmenden Gewalt entschieden entgegen. Polizei und Justiz müssen rassistische und rechtsextreme Straftaten konsequent verfolgen und ahnden. Wir wollen den Schutz für Opfer rechter Gewalt verbessern. So müssen Opfer von rechter Gewalt aussagen können und besser unterstützt werden – in solch begründeten Fällen dürfen Menschen nicht einfach abgeschoben werden.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischer Rassismus, Homo und Transfeindlichkeit, Sexismus sowie die Abwertung von Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung gilt es überall dort zu bekämpfen, wo sie vorkommt – in rechtsextremen Strukturen und rechtspopulistischen Bewegungen wie im Alltag, bei Migrant*innen und Geflüchteten wie in der alteingesessenen Bevölkerung. Es ist Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass sich alle Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität, Weltanschauung, Religion oder ihres sozialen Status – frei und sicher bewegen und entfalten können – egal ob etwa in Berlin, Sachsen oder Baden-Württemberg.
Wo immer Bürgerinnen und Bürger sich gegen Nazis engagieren, sichern wir ihnen unsere volle Unterstützung und Solidarität zu: sei es in Vereinen, Initiativen, Religionsgemeinschaften oder in der antifaschistischen Einhornaktion – ob durch Bildungs- und Beratungsarbeit oder durch Demos und friedliche Blockaden von Nazi-Aufmärschen. Das wollen wir besser anerkennen und ihre finanzielle Ausstattung sicherstellen.
Zum zivilgesellschaftlichen Engagement gegen Rechts gehören für uns auch Demonstrationen. Symbolische Strafverschärfungen auf Kosten der Demonstrationsfreiheit lehnen wir ab. Sie machen keine Versammlung friedlicher. Eine deeskalierende Einsatzstrategie sowie gut ausgebildete und ausgeruhte Einsatzkräfte sind hier für alle Seiten viel sinnvoller.

3. Zäsur beim Verfassungsschutz
Der Staat muss Rechtsextremismus, alltäglichen und institutionell verankerten Rassismus mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen. Sicherheitsbehörden müssen den Blick nach rechts außen schärfen und dazu das breite Wissen zivilgesellschaftlicher Initiativen besser würdigen und als Expert*innenwissen in ihre Analysen einbeziehen. Das Versagen gegenüber dem rechtsterroristischen NSU hat deutlich gemacht: Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist dauerhaft auf dem rechten Auge blind und nicht in der Lage, für die Demokratie gefährliche Entwicklungen zu erkennen. Auch die zweifelhafte Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri und beim Anschlag auf den Berliner Breitscheidplatz weist auf Fehleinschätzungen hin. Wir wollen daher die Verfassungsschutzbehörden – grundlegend reformieren. Es braucht beim Verfassungsschutz einen Neustart und ein sehr gründliches Überdenken des V-Leute-Wesens. Wir wollen nicht, dass die zu beobachtenden Milieus querfinanziert und schwere Straftaten aus diesen Szenen gedeckt werden.
Statt des Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner ineffektiven aktuellen Form wollen wir ein personell und strukturell völlig neues Bundesamt zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr gründen, das mit nachrichtendienstlichen Mitteln klar abgegrenzt von polizeilichen Aufgaben arbeitet. Die allgemeine Beobachtung demokratie- und menschenfeindlicher Bestrebungen soll ein unabhängiges Institut zum Schutz der Verfassung übernehmen, das ausschließlich öffentliche Quellen nutzt. Schließlich sind Wissenschaft und engagierte Zivilgesellschaft hier immer wieder ähnlich gut, wenn nicht manchmal besser informiert als das Bundesamt für Verfassungsschutz.

4. Prävention ausbauen – für eine Kultur des Hinschauens
Wir wollen Prävention und Partizipation ausbauen. Wir müssen alles unternehmen, damit junge Menschen erst gar nicht in menschenverachtende und gewaltverherrlichende Ideologien abgleiten, gleich wie sie politisch oder fundamentalistisch motiviert sind. Das gelingt durch eine Kultur des Hinschauens. Wir wollen Radikalisierung von Anfang an verhindern: Deshalb müssen wir deutlicher und früher als bisher den Blick auf die elementare Bedeutung und positiven Effekte von parlamentarischer Demokratie, Rechtsstaat und Gewaltenteilung lenken. Dazu fordern wir eine Bildungsoffensive in Kindertagesstätten und Schulen, Menschenrechtsbildung sowie die Förderung von Demokratie- und Medienkompetenz junger Menschen und eine Stärkung von Beratungsstellen, Jugendverbänden und aufsuchender Jugendarbeit. Dazu gehören auch Justizvollzugsanstalten, denn sie waren in der Vergangenheit ebenfalls Stationen der Radikalisierung. Ein liberaler Strafvollzug kann diesen Kreislauf mit gezielter Präventionsarbeit, besseren Haftbedingungen und der Perspektive auf Resozialisierung durchbrechen. Prävention ist eine Querschnittsaufgabe. Gerade an sozialen Brennpunkten müssen wir auch mit städtebaulichen und wirtschaftlichen Maßnahmen für Perspektiven sorgen, um Gewalt und No-go-Areas schon im Ansatz entgegenzuwirken.
Wir wollen Präventionsprogramme sowohl gegen Rechtsextremismus als auch gegen gewaltbereiten Islamismus und Salafismus massiv ausbauen und zivilgesellschaftliche Ansätze stärken. Hier gilt es, die Präventionsarbeit in und mit den Moscheegemeinden zu unterstützen. Dabei ist eine breite Vernetzung wie etwa mit Polizei, Schule und Jugendhilfe vor Ort besonders wichtig.
Wir wollen Straftaten vorbeugen. Deshalb sollen Bund, Länder, Kommunen und zivilgesellschaftliche Institutionen gemeinsam in einem bundesweiten Präventionszentrum arbeiten. Programme zur Deradikalisierung und für Aussteiger aus der rechtsextremen und islamistischen Szene wollen wir stärken. Um Terrorakte und Amoktaten zu verhindern, muss der Zugang zu Waffen erschwert werden. Es ist immer noch viel zu einfach, an illegale Schusswaffen und umgebaute Dekorationswaffen zu gelangen. Alle gefährlichen Waffen müssen lückenlos registriert und die Eignung und Zuverlässigkeit der Besitzer*innen regelmäßig geprüft werden. Wir wollen eine europaweite einheitliche Kennzeichnung und gemeinsame Standards für die Deaktivierung von Feuerwaffen einführen.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Arbeit und Soziales

Die Grünen…

    • setzen sich für ein echtes Entgeltgleichheitsgesetz ein.
    • möchten die Kommunen sozial entlasten und strukturschwache Regionen gezielt fördern.
    • planen eine Weiterentwicklung des Familienrechts.
    • fordern gleiche Rechte für Menschen mit Behinderung.
    • setzen sich für eine freiere Arbeitszeitgestaltung und mehr Mitspracherecht der Arbeitnehmer ein.
    • möchten Weiterbildungen über eine Arbeitsversicherung ermöglichen.

     

„VI. WIR KÄMPFEN FÜR GUTE ARBEIT UND BESSERE VEREINBARKEIT
Für die meisten Menschen ist Erwerbsarbeit ein ganz zentraler Teil ihres Lebens. Sie stecken Energie, Lebenszeit, Können und Kreativität in ihre Aufgaben. Bei guter Arbeit wissen sie sich gebraucht und finden Anerkennung bei Kolleg*innen, Mitarbeiter*innen und Vorgesetzten. Fast jede*r wünscht sich eine gute Arbeit, die finanziell absichert, erfüllt und Freude macht. Auch darin, nicht nur im Lohn, liegt die große Bedeutung der Erwerbsarbeit für unsere Gesellschaft. Und auch deshalb sind Arbeitslosigkeit und ungerechte Löhne großer Sprengstoff für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Heute sind in Deutschland mehr Menschen erwerbstätig denn je, in den letzten Jahren sind hunderttausende neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden und die Erwerbslosigkeit ist relativ gering. Ein Viertel der Beschäftigten befindet sich jedoch in kleinen Teilzeitjobs, Leiharbeit, Arbeit auf Abruf, Minijobs oder immer wieder in befristeten Jobs. Viele dieser Jobs sind unsicher, schlecht bezahlt, erschweren die Lebens- und Familienplanung und führen auf Dauer zu Armut im Alter. Nach wie vor sind Frauen am Arbeitsmarkt benachteiligt. Überlastung, Stress und Zeitnot führen zum Raubbau an der eigenen Gesundheit und Person. Das wollen wir ändern.
Unsere Arbeitswelt wandelt sich sehr stark durch globalisierte Unternehmen und digitalisierte Arbeitsplätze. Wir GRÜNE wollen diese Entwicklungen fair für alle gestalten. jede*r soll unter guten Bedingungen arbeiten können. Arbeitsplätze müssen alters- und alternsgerecht ausgestaltet werden. Soziale Berufe, in denen vor allem Frauen arbeiten, wollen wir aufwerten. Zudem sollen Frauen und Männer endlich gleichen Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit bekommen. Wir unterstützen eine partnerschaftliche Aufteilung von bezahlten und unbezahlten Aufgaben. Beide Partner*innen sollen wirtschaftlich unabhängig sein, damit sie selbstbestimmt leben können – auch im Alter.

1. Gute Arbeit statt prekärer Jobs
Arbeit muss gerecht bezahlt werden. Der allgemeine Mindestlohn ist ein Meilenstein dorthin. Er muss aber für alle Angestellten gelten. Eine Erhöhung des Mindestlohns begrüßen wir. Die Höhe des Mindestlohns sollte sich nicht nur an der Tarifentwicklung orientieren. Sie soll ermöglichen, von der Arbeit in Würde leben zu können. Der Schutz vor Lohndumping, fairer Wettbewerb und Beschäftigungssicherung müssen ebenfalls bei der Ermittlung der Höhe eine Rolle spielen. Auch sollte die Wissenschaft in der Mindestlohnkommission ein Stimmrecht bekommen. Außerdem brauchen wir mehr branchenspezifische Lohnuntergrenzen oberhalb des Mindestlohns, damit der unternehmerische Konkurrenzkampf nicht zulasten der Beschäftigten geht.
Durch die Digitalisierung unserer Gesellschaft und neue Geschäftsmodelle der Unternehmen arbeiten immer mehr Arbeit nehmer*innen auch an Sonn- und Feiertagen, oft ohne für den Verzicht auf arbeitsfreie Sonn- und Feiertage besonders entschädigt zu werden. Das wird dem hohen Wert des arbeitsfreien Sonn- und Feiertags nicht gerecht. Für einen gerechteren Ausgleich wollen wir einen verbindlichen Flexibilitätszuschlag für alle, die an Sonn- oder Feiertagen arbeiten müssen. Dieser soll im Rahmen der bestehenden Zuschlagsregelungen steuer- und sozialabgabenfrei sein.
Gute Arbeit braucht gute Arbeitsbedingungen, insbesondere in Bereichen, in denen Überlastung und prekäre Arbeit häufig vorkommen. Flexibilität ist gut – es muss aber auf die richtige Balance mit Blick auf die soziale Absicherung und die Mitsprachemöglichkeiten der Arbeitnehmer*innen geachtet werden. Leiharbeiter*innen sollen vom ersten Tag an mindestens die gleiche Entlohnung erhalten wie Stammbeschäftigte – plus Flexibilitätsprämie. Von Werk- oder Dienstverträgen muss die Leiharbeit klar abgegrenzt werden. Scheinselbständigkeit wollen wir mit rechtssicheren Kriterien un-terbinden. Arbeit auf Abruf soll dann nicht mehr möglich sein, wenn die Tätigkeiten mit normalen Arbeitsverhältnissen erledigt werden können, etwa über die Nutzung von Arbeitszeitkonten. Ohne sachlichen Grund sollten Jobs nicht mehr befristet werden können. Gute Arbeit darf nicht krank machen. Wir werden den Arbeitsschutz stärken, damit er wirksam vor Stress, Burn-out, Mobbing und Entgrenzung der Arbeit schützt.
Immer weniger Jobs sind heute durch Tarifverträge abgedeckt. Das muss sich wieder ändern. Tarifverträge sollen leichter allgemein verbindlich gemacht werden können und für alle Betriebe einer Branche gelten. Wir brauchen starke Betriebsräte. Wir wollen sie besser schützen, ihre Mitbestimmungsrechte ausbauen und den Schwellenwert für die paritätische Unternehmensmitbestimmung auf 1.000 Beschäftigte absenken. Denn Partizipation und Demokratie sind auch im Wirtschaftsleben wichtig. Das soll ebenso für die Kirchen, einen der größten Arbeitgeber im Land gelten: Auch für ihre Beschäftigten wollen wir Koalitionsfreiheit und Streikrecht gewähr leisten. Zudem halten wir die persönlichen Loyalitätspflichten von Mitarbeiter*innen bei kirchlichen Trägern außerhalb des religiösen Verkündigungsbereiches für unverhältnismäßig. Wir wollen deshalb die Rechte der kirchlichen Arbeitnehmer*innen stärken und Ausnahmeregelungen beschränken.
Minijobs scheinen eine gute Gelegenheit, etwas dazuzuverdienen. Aber sie haben zu keiner Zeit das Ziel erreicht, Brücken in reguläre Beschäftigung zu bauen. Stattdessen haben sie sich als berufliche Sackgasse und Armutsrisiko erwiesen, insbesondere für viele Frauen. Minijobs wollen wir deshalb in sozialversicherungspflichtige Jobs umwandeln und dafür sorgen, dass die Beiträge durch Steuern und Abgaben und soziale Leistungen so aufeinander abgestimmt werden, dass sich Erwerbsarbeit immer rechnet. Dabei darf die Belastung mit Steuern und Abgaben nicht sprunghaft steigen. So wird es attraktiver, mehr als geringfügig zu arbeiten.

2. Gute Weiterbildung für gute Jobs
Wir GRÜNE wollen alle Menschen in die Zukunft der Arbeit mitnehmen. Weiterbildung wird immer wichtiger – auch, weil die Menschen immer älter werden und länger arbeiten. Mit der BildungsZeit Plus, einem Mix aus Darlehen und Zuschuss, können wir Erwachsene, die sich weiterbilden wollen, unterstützen. Damit es gar nicht erst zu Arbeitslosigkeit kommt, wollen wir die Arbeitslosenver sicherung zur grünen Arbeitsversicherung weiterentwickeln, die für alle Beschäftigten und Selbständigen da ist. Sie wird, anders als bisher, nicht erst im „Versicherungsfall Arbeitslosigkeit“ tätig, son dern unterstützt unter Berücksichtigung der Veränderung von Branchen und Kompetenzen vorbeugend mit Weiterbildungen und Qualifizierungen, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Sie ist damit ein wirksames Instrument, um Menschen in Zeiten von technologischen Umbrüchen Sicherheit zu gewähren und neue Perspektiven zu eröffnen. Sie bietet soziale Sicherheit bei Arbeitslosigkeit und hilft beim erfolgreichen Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.

3. Zugänge schaffen
Erwerbslose Menschen sollen in gut ausgestatteten Jobcentern und Agenturen passgenau betreut werden, um sie dauerhaft in Arbeit zu vermitteln. Auch Menschen mit Behinderung oder geflüchtete Menschen brauchen genau auf sie zugeschnittene Angebote. Dazu gehören vor allem Qualifizierungen, Sprachförderung, JobCoaching und unterstützte Beschäftigung, Eingliederungs- oder Gründungszuschüsse.
Teilhabe ist für viele mit Erwerbsarbeit verbunden. Allen muss der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Es gibt aber Arbeitslose, die absehbar keine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Darum ist der soziale Arbeitsmarkt unerlässlich. Wir wollen Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren, damit auch Arbeitslose mit besonders vielfältigen Problemen wieder Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen – schrittweise und nachhaltig.

4. Zeit für mehr
Bisher forderten vor allem die Arbeitgeber*innen Flexibilität von ihren Beschäftigten. Jetzt wird es Zeit, dass auch die Beschäftigten mehr Zeitsouveränität bekommen, um Arbeit, Privat- und Familienleben besser vereinbaren zu können. Dafür brauchen sie mehr Mitspracherecht über den Umfang, die Lage und den Ort ihrer Arbeit. Durch Wahlarbeitszeiten zwischen 30 und 40 Wochenstunden wollen wir Vollzeit neu definieren und zu einem flexiblen Arbeitszeitkorridor umgestalten. Damit können Frauen leichter als bisher ihre Beschäftigung ausweiten und Männer können in Teilzeit gehen, ohne Karriereeinschnitte fürchten zu müssen. Auch ein Rückkehrrecht auf die ursprüngliche Stundenzahl muss endlich kommen. Für Betriebsräte soll es möglich werden, Betriebsvereinbarungen zu Vereinbarkeitsfragen zu verhandeln. Zeitsouveränität darf nicht dazu führen, dass unbezahlte Mehrarbeit entsteht und die Grenzen von Arbeit und Freizeit immer mehr verschwimmen. Deshalb gehört ein zeitgemäßer Arbeitsschutz unbedingt dazu sowie ein wirksamer Beschäftigtendatenschutz. In den Unternehmen ist Kreativität gefragt, damit die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt mit den Bedürfnissen der Beschäftigten besser in Einklang gebracht werden. Immer mehr Arbeitgeber*innen haben dies bereits erkannt, sich von überholten Mustern verabschiedet und innovative Konzepte für ihre Belegschaften entwickelt. Alle anderen wollen wir davon noch überzeugen.
Das Leben lässt sich nicht immer planen. Manchmal wird die Pflege der Mutter wichtiger als der Beruf, manchmal wird ein Kind krank. Wir wollen Menschen dabei unterstützen, das Verhältnis zwischen Arbeit und den Wechselfällen des Lebens neu auszubalancieren. Grüne Arbeitszeitpolitik will mehr Selbstbestimmung über die eigene (Arbeits-)Zeit ermöglichen. Wir wollen anerkennen und unterstützen, wenn jemand Verantwortung für andere übernimmt. Denn die Unterstützung und Pflege alter und kranker Menschen ist keine private Aufgabe. Sie ist gesellschaftlich wichtig und sie wird derzeit überwiegend von Frauen geleistet. Wer Pflegebedürftige unterstützt, für den schlagen wir eine dreimonatige PflegeZeit Plus mit Lohnersatzleistung vor. Sie soll sich am Einkommen orientieren, wie es beim Elterngeld der Fall ist.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

EU und Außenpolitik
Die Grünen…

  • möchten die Demokratie der EU stärken.
  • fordern die Möglichkeit eigener Gesetzesvorschläge für das Europäische Parlament.
  • wollen die Beteiligungsinstrumente für die Bürger ausbauen.
  • möchten einen grünen Zukunftspakt mit den Ländern in Afrika schaffen.

 


„In den vergangenen Jahrzehnten ist die Welt immer stärker zusammengerückt. In Europa erleben wir dank der zivilisierenden Kraft der Europäischen Union eine sehr lange Phase des friedlichen Zusammenlebens – so lange wie nie zuvor. Auch weltweit wurden Grenzen geöffnet, Wirtschaftsbeziehungen globalisiert, länder übergreifende Kontakte selbstverständlich. Immer weniger Menschen leben in extremer Armut. Eine prägende Erfahrung der vergangenen Jahre war, europäisch wie international, dass die Welt durch Zusammenarbeit an vielen Stellen zu einem besseren Ort gemacht wurde. Wir haben bei der Klimakonferenz in Paris erlebt, was geschafft werden kann, wenn der Wille da ist, gemeinsam anzupacken. Auch die Selbstverpflichtung der Vereinten Nationen, bis 2030 globale Nachhaltigkeitsziele zu erfüllen, war ein Erfolg internationaler Zusammenarbeit. Genauso gibt uns Hoffnung, dass es mit beharrlicher Diplomatie gelungen ist, ein Abkommen mit dem Iran zu schließen, das das Risiko einer atomaren Aufrüstung reduziert. Diese Erfahrungen zeigen: Echten globalen Wandel und kollektive Sicherheit erreichen wir nur gemeinsam und kooperativ.
Doch gleichzeitig steht diese Welt vor dramatischen Herausforderungen. Eine Vielzahl von Kriegen, Krisen und Konflikten bedroht den Frieden und betrifft auch Europa. Dies gilt nicht zuletzt für den äußerst brutalen Krieg in Syrien und den globalen Terror des „IS“ und anderer islamistischer Gruppen. Die Kriegsparteien haben das humanitäre Völkerrecht de facto außer Kraft gesetzt, wir stehen vor einer der schlimmsten humanitären Katastrophen unserer Zeit. So viele Menschen wie nie zuvor sind dazu gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Auf dem afrikanischen Kontinent fliehen Menschen vor Gewalt, wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit, geschlechtsspezifischer Verfolgung und den aktuell sich verschärfenden Hungerkatastrophen, besonders in Somalia, Südsudan, Nigeria, aber auch im Jemen. Die soziale Kluft vergrößert sich. Gleichzeitig verschärft die Klimakrise bestehende weltweite Ungleichheiten. Ressourcenkonflikte um Wasser und Rohstoffe erhöhen die Spannungen in vielen Regionen der Welt. Wirtschaftlicher Prosperität und neuem Wohlstand stehen Ungleichheit und ökologischer Raubbau gegenüber.
Viele Staaten haben eine Mitverantwortung für das Entstehen gegenwärtiger Krisen und Konflikte. Unter Präsident Putin hat Russland mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, dem militärischen Vorgehen in der Ostukraine und mit dem brutalen militärischen Eingreifen auf der Seite Assads zu einer erheblichen Verschärfung der internationalen Spannungen beigetragen. Wir sehen mit Sorge, dass die Abrüstungsbereitschaft sinkt, die Rüstungshaushalte und Rüstungsexporte steigen und die längst überwunden geglaubte Logik der Abschreckung von allen Seiten wieder in Gang gesetzt wird.
Die unberechenbare Präsidentschaft von Donald Trump in den USA und seine Politik des „America First“ stellen die Politik Deutschlands und der Europäischen Union vor erhebliche neue Herausforderungen. Damit die transatlantische Wertegemeinschaft stark bleibt, wollen wir den Austausch mit der amerikanischen Zivilgesellschaft und Bundesstaaten stärken. Die wirtschaftliche, militärische und kulturelle Polarisierung ist das Ge genteil einer auf Verständigung und Kooperation orientierten Weltordnung. Pläne für nationalistische Abschottung und Handelskriege, das Leugnen der Klimakrise, die Negierung der Genfer Konvention in Bezug auf das Hilfsgebot für Geflüchtete und auf das Verbot von Folter untergraben das dringend notwendige gemeinsame Handeln. Die Herausforderungen für globales Engagement für demokratische Werte und eine Friedenspolitik könnten also kaum größer sein.
Wir GRÜNE wollen unseren Beitrag dazu leisten, das Leben in den kommenden Dekaden des 21. Jahrhunderts politisch friedlich und sicher, ökologisch nachhaltig, solidarisch und sozial gerecht zu gestalten. Wir wollen die multilaterale Kooperation und vor allem die Vereinten Nationen stärken. Die Weltgemeinschaft muss Verantwortung für die internationale Friedenssicherung, globalen Entwicklungschancen und die Durchsetzung und Verwirklichung der Menschenrechte übernehmen. Die EU soll nach innen wie nach außen ein Friedensprojekt sein. Das können wir erreichen, wenn wir Europa weiterentwickeln, internationale Institutionen stärken und Gerechtigkeit als grenzübergreifende Aufgabe begreifen. Es geht um Zusammenarbeit statt Nationalismus.
Wir wollen, dass Deutschland mehr globale Verantwortung für den Frieden und Gerechtigkeit in der Welt übernimmt. Das fängt zu Hause an. Eine Erhöhung des Rüstungshaushalts auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung lehnen wir ab. Wir wollen mehr Mittel für Krisenprävention bereitstellen und darüber hinaus die international versprochenen 0,7 Prozent unserer Wirtschaftsleistung für die globale Entwicklung dauerhaft zur Verfügung stellen, und zwar ohne die Kosten für Flüchtlinge im Inland anzurechnen. Wir wollen damit Schluss machen, in Krisenregionen und Diktaturen Waffen zu exportieren. Wir GRÜNE wollen, dass Deutschland mehr tut, um Konflikte und Krisen zu lösen oder besser noch, sie zu verhindern.
Unser Ansatz gegen Fluchtursachen kann ein wichtiger Baustein sein, um Menschen eine Lebensperspektive in ihren Ländern zu ermöglichen. Das heißt, wir werden Fluchtursachen bekämpfen und nicht Geflüchtete. Wir GRÜNE wollen die Globalisierung nicht zurückdrehen, sondern im Sinne ökologischer Nachhaltigkeit, sozialer Gerechtigkeit und menschenrechtlicher Prinzipien gestalten. Wir brauchen endlich ein kohärentes Handeln im Rahmen der globalen Nachhaltigkeitsziele, deswegen müssen wir aufhören, mit Rüstungsexporten, unfairem Handel oder Steuervermeidungen unsere eigene internationale Zusammenarbeit zu hintertreiben.
Wer vor Krieg, Gewalt oder Verfolgung nach Deutschland flieht, dem wollen wir Schutz bieten. Aber auch mit Blick auf die Einwanderung wollen wir das Staatsbürgerschaftsrecht endlich der Realität anpassen. Wir GRÜNE sind überzeugte Europäerinnen und Europäer. Eine starke, demokratische und reformierte Europäische Union ist genau das, was wir in einer Welt der Unsicherheiten brauchen. Wir wollen die deutsche Euro- und Europapolitik solidarischer ausrichten, damit Deutschland dazu beiträgt, Europa zu einen und zu stärken. Wir GRÜNE sind die Europapartei und stehen gerade angesichts von nationalistischen und rechtspopulistischen Bestrebungen ein für ein besseres Europa für alle Bürgerinnen und Bürger. Die Europäische Union ist bis heute das beste Beispiel, wie supranationale Partnerschaft und Zusammenarbeit zum Nutzen aller funk tionieren kann. Und sie macht damit Hoffnung: Eine friedlichere, eine solidarische, eine bessere Welt ist möglich.

I. WIR KÄMPFEN UM EUROPAS ZUSAMMENHALT
Die bisherige europäische Einigung ist eine wahrhaft große historische Errungenschaft. Sie bedeutet: Zusammenarbeit statt Nationalismus und nie wieder Krieg. Diese Leistung einiger Generationen von Europäerinnen und Europäern darf nicht gefährdet werden. Leider ist sie heute wieder sehr umstritten, rechtsnationalistische Bewegungen und Parteien stellen sie ganz infrage. Es erfordert neues Engagement, um sie zu sichern und weiterzuentwickeln. Dafür stehen wir GRÜNE. Wir sind die politische Kraft, die Europa gegen den Rechtsnationalismus verteidigt und weiter den Weg der europäischen Integration geht. Denn die Europäische Union ist unser Zuhause.
Mit der europäischen Einigung wurde eine lange und schmerzvolle Geschichte von Kriegen, Feindseligkeiten und Zerstörungen endlich weitgehend überwunden. Heute ist die Europäische Union eine Garantin für den Frieden und für unsere universellen Werte. Freiheit, Gleichheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Geschlechtergerechtigkeit, Religionsfreiheit, Achtung der Menschenwürde, Menschenrechte, Toleranz, soziale Marktwirtschaft – das sind die Grundlagen der Europäischen Union. Heute können wir Unionsbürgerinnen und Unionsbürger innerhalb der EU grenzenlos reisen, studieren, arbeiten und leben, wir können glauben, was, und lieben, wen wir wollen. Wir GRÜNE stehen für dieses Zusammenleben in Einheit und Vielfalt und diesen European Way of Life. Wir wollen diese Errungenschaften weiter ausbauen und für alle erfahrbar machen.
Bis heute ist die Art und Weise, wie die Menschen und Staaten in der Europäischen Union zusammenarbeiten und Konflikte lösen, einmalig auf der Welt. Für eine gute Zukunft brauchen wir die Europäische Union umso mehr. Die großen grenzüberschreitenden Probleme unserer Zeit sind für Kleinstaaterei zu groß: Kampf gegen die Klimakrise, Hunger, Armut, Krieg und Terrorismus, Korruption, die gerechte Gestaltung der Globalisierung sowie der Einsatz für eine humane Flüchtlingspolitik und die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Wohlstand und am Fortschritt. Wir können all das nur mit einer funktionierenden EU bewältigen. Sie muss die demokratische
Antwort auf die Globalisierung sein. Auch deshalb sind und bleiben wir GRÜNE überzeugte Europäerinnen und Europäer. „Mehr Europa“, das heißt für uns, die EU dort stärker zu machen und weiterzuentwickeln, wo gemeinsames Handeln notwendig und sinnvoll ist entsprechend dem Subsidiäritätsprinzip.
Gerade weil wir die Europäische Union schätzen und brauchen, wollen wir sie sozialer, solidarischer, ökologischer und demokratischer machen. Wir wollen ein Europa, das allen Menschen Chancen eröffnet. Gesellschaftliche Spaltung, Ausgrenzung, Willfährigkeit gegenüber starken Lobbys und autoritäre Tendenzen nehmen wir nicht hin. Wir GRÜNE werden die EU weiterentwickeln, denn wir haben noch viel mit ihr vor. Gerade jetzt.

1. Für ein starkes Europa gegen Spaltung und autoritäre Tendenzen
Die Erfolge der GRÜNEN in den Niederlanden und die Präsidentschaftswahlen in Frankreich und Österreich mit dem Sieg der überzeugten Europäer Alexander Van der Bellen und Emmanuel Macron haben gezeigt, wie man mit einem klaren europäischen Kurs Menschen überzeugen kann. Mit der neuen französischen Regierung unter Präsident Emmanuel Macron steht ein kraftvoller Partner für Reformen in Europa zur Verfügung. Uns eint mit ihm der feste Glaube an offene Gesellschaften in Europa. Frankreich und Deutschland müssen einander nun auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam ein starkes sozial-ökologisches Europa verwirklichen. Präsident Macron hat zu Recht ein Ende der Austeritätspolitik und eine große europäische Investitionsoffensive gefordert. Wir werden diesen Kurs unterstützen und zusammen mit den EU-Institutionen beherzt notwendige Reformen in der Eurozone und der gesamten EU vorantreiben.
Wir lassen uns vom Ausgang des Brexit-Referendums und den Erfolgen der Rechtspopulist*innen nicht entmutigen und treten weiter für unsere Werte ein. Oberste Priorität in den Brexit-Verhandlungen mit Großbritannien muss eine starke Europäische Union sein. Der Zusammenhalt der EU 27 und die Interessen ihrer Mitgliedstaaten haben zweifelsfrei Priorität, deswegen darf es keinen „Austritt à la carte“ geben. Ein freier Zugang zum EU-Binnenmarkt darf wie bisher nur möglich sein, wenn die Einheitlichkeit des Europarechts, die Rechtssetzung und Jurisdiktion der Gemeinschaftsorgane und die Geltung aller vier Grundfreiheiten, insbesondere der Personenfreizügigkeit, gewahrt bleiben. Europa zusammenzuhalten, wird in den Verhandlungen die Aufgabe der neuen Bundesregierung sein. Dazu gehört, dass auch Deutschland bereit sein muss, mehr finanzielle Verantwortung zu übernehmen, um die EU auch nach dem Brexit überhaupt handlungsfähig zu halten. Die Bürgerinnen und Bürger Großbritanniens gehören für uns zu Europa. Dem Wunsch der Schott*innen und Nordir*innen wie auch der vielen Menschen im Vereinigten Königreich, die in der EU bleiben wollen, begegnen wir mit Offenheit und Sympathie. Wir werden uns darum auch in Zukunft für eine enge Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich einsetzen. Darüber hinaus stellen wir klar: Unsere Tür bleibt offen. Die Europäische Union bleibt ein Projekt des Friedens und Zusammenwachsens. Deshalb reichen wir allen die Hand, die weiterhin unter dem Dach der EU gemeinsam die Zukunft gestalten wollen. Allen schon länger in Deutschland lebenden Brit*innen wollen wir einen einfachen Weg in die deutsche und damit einen Verbleib in der EU-Staatsbürgerschaft ermög lichen.
Wir wollen Europa zusammenhalten. Wir wissen, das wird nicht einfach. Wir begrüßen Initiativen, die in diesen Zeiten Europa konstruktiv und visionär weiterdenken und für die EU auf die Straße gehen. Ein Europa der lebendigen solidarischen Zivilgesellschaft, die der europäischen Idee neuen Schwung verleiht, ist ein wichtiges Korrektiv zum Europa der Staaten und zum aufkeimenden nationalen Egoismus. Daher unterstützen wir die vielfältigen proeuropäischen Bürger*innenbewegungen in ganz Europa.
Denn die Differenzen innerhalb der EU sind groß. Wir arbeiten darauf hin, dass alle europäischen Mitgliedstaaten eine solidarische Flüchtlingspolitik unterstützen. Wir wollen wieder offene Grenzen im Schengen-Raum. Auch wir sind empört, wie mitten in Europa, etwa in Ungarn oder Polen, die Demokratie und der Rechtsstaat ausgehöhlt werden. Dagegen stellen wir uns. Wir wollen deswegen, dass die EU-Grundrechtecharta EU-weit für alle Gesetze gilt.
Wir GRÜNE machen uns stark für ein Europa, das zusammenhält, das Minderheiten – wie Sinti und Roma – schützt, antiemanzipato rischen Tendenzen – zum Beispiel gegen die sexuelle Selbstbestimmung von LSBTIQ* – abwehrt und in dem die einzelnen Staaten und Bewoh ner*innen gegenseitige Solidarität zeigen. Dazu braucht es
auch und gerade ein Umdenken vieler nationaler Regierungen. Das gilt ebenso für die deutsche Bundesregierung. Europa kommt nur voran, wenn alle bereit sind, Kompromisse einzugehen. Deshalb muss Deutschland bereit sein, zum Beispiel bei der Europolitik und seinen Exportüberschüssen, bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und Projekten wie Nord Stream 2 oder bei Fragen der inneren und äußeren Sicherheit, stärker auf die Bedürfnisse anderer europäischer Staaten einzugehen.
Um Europa für die junge Generation erlebbar und erfahrbar zu machen, wollen wir den direkten Austausch – zum Beispiel mit einem kostenlosen Interrail-Ticket zum 18. Geburtstag – verbessern. Aufgabe der EU ist es, das gemeinsame kulturelle Erbe Europas zu bewahren und die offene, gemeinsame Kultur zu fördern. Daher wollen wir einen europäischen Nachrichten- und Bildungssender einführen. Der gemeinsame Sender soll einen Beitrag zur Herstellung einer gemeinsamen europäischen Öffentlichkeit leisten. Dafür ist ein Sendeformat in allen wichtigen europäischen Sprachen, insbesondere auch Russisch und Türkisch, von zentraler Bedeutung.
Unser Ziel bleibt eine EU, in der alle zusammenhalten und die sich einvernehmlich weiterentwickelt. Ein Kerneuropa oder eine Spaltung der EU lehnen wir ab. Ein Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten darf nicht der Standardmodus, muss aber möglich sein. Diese verstärkte Zusammenarbeit muss stets für alle EU-Staaten offen und im Rahmen der EU-Verträge organisiert sein. Die Rechte des Europäischen Parlaments und der EU-Kommission sind dabei uneingeschränkt zu achten.

2. In ein ökologisches und soziales Europa investieren
Die Wirtschaftskrise in Europa ist noch lange nicht überwunden. Besonders in Südeuropa sind immer noch Millionen von Jugendlichen ohne Job und berufliche Perspektive. Die Große Koalition knausert beim EU-Haushalt, beharrt auf einer einseitigen Sparpolitik, unterstützt falsche Privatisierungen, behindert Schuldenerleichterungen für Griechenland, Eurobonds und öffentliche Investitionen und vertieft damit die Spaltung Europas. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel und schlagen ein sozial-ökologisches Modernisierungsprojekt vor, weg von Austerität hin zu mehr Zukunftsinvestitionen. Der Europäische Fonds für strategische Investitionen (EFSI) muss reformiert und aufgestockt werden. Der notwendige Dreiklang von Investitionen, Reformen und haushaltspolitischer Solidität erklingt nur, wenn die Priorität für Investitionen nicht von Austeritätspolitik verunmöglicht wird. Wenn wir regieren, wird das eine unserer Prioritäten.
Als ersten Teil unseres Green New Deal für Europa schlagen wir GRÜNE einen Pakt für nachhaltige Investitionen vor. Damit investieren wir in die soziale und ökologische Erneuerung der europäischen Wirtschaft. Wir bringen eine starke Klima- und Energieunion voran, unterstützen Innovation und neue Produktionstechnologien in der Industrie, nutzen Ressourcen und Energie effizient, setzen auf Kreislaufwirtschaft und eine Digitalisierung, die allen etwas bringt. Wir wollen einen funktionstüchtigen europäischen Emissionshandel, an ökologische Kriterien gekoppelte Landwirtschaftssubventionen sowie strenge ökologische und soziale Mindeststandards für auf den europäischen Markt gebrachte Produkte und Rohstoffe.
Unsere Projekte sind bürgernah und gesamteuropäisch: Naturschutz, grenzüberschreitende Bahn-, Energie- und Datennetze, Forschung, Kulturaustausch und Jugendprogramme. Der Green New Deal wird auch für junge Menschen Ausbildungsplätze und Jobs schaffen. Hierbei soll Deutschland eine Vorbildrolle einnehmen und die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) stärker in die Unterstützung insbesondere von europäischen mittelständischen Unternehmen einbinden, damit diese Jugendliche mehr ausbilden und inArbeit bringen. Junge Menschen überall in Europa sollen wieder spüren, dass Europa sie nicht alleinlässt. Das wollen wir über einen neuen Zukunftsfonds im EUHaushalt finanzieren, der durch Mittel aus einem neu geschaffenen europäischen Steuerpakt gespeist werden soll. Der Pakt schafft mehr Steuergerechtigkeit und verringert Steuerausfälle.
Schweizer Steuer-CDs, Luxleaks oder die Panama Papers zeigen beispielhaft, wie sich Superreiche und internationale Konzerne um ihren Beitrag für das Gemeinwohl herumdrücken oder, wie im Falle der Cum-Ex-Steuertricks, sich sogar auf Kosten der Gesellschaft bereichern. Mit dem Vorschlag zur gemeinsamen, konsolidierten Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage soll die Besteuerung für EU-weit operierende Unternehmen vereinfacht und Steuervermeidung ausgeschlossen werden. Um schädlichen Steuerwettbewerb effektiv zu verhindern, sollte die Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage mit einem Mindeststeuersatz für alle in der EU ansässigen Unternehmen verbunden und regelmäßig zum Beispiel vom Euro päischen Parlament überprüft werden. Steuervermeidung und -hinterziehung müssen wirkungsvoller verhindert und bestraft werden. Uns entgehen jedes Jahr viele Milliarden Euro durch die bisherige Untätigkeit. Wir werden bei dem Kampf gegen Steuerbetrug auch national vorangehen.
Wir wollen dem Vertrag von Lissabon eine soziale Fortschrittsklausel an die Seite stellen. Außerdem setzen wir uns ein für Mindeststandards im Bereich der sozialen Sicherung und des Arbeitsmarktes. Wir streiten für das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am selben Arbeitsplatz“ für alle Arbeiternehmer*innen. Uns ist wichtig, die grenzüberschreitende Freizügigkeit von Arbeitnehmer*innen sozial besser abzusichern, damit sie nicht durch ein Raster national fragmentierter Sozialsysteme fallen. Wir wollen die wirtschaftspolitische Steuerung über das Europäische Semester stärken. Wir wollen, wie von der EU-Kommission empfohlen und den Gewerkschaften gefordert, eine Lohnentwicklung erreichen, die langfristig ein größeres außenwirtschaftliches Gleichgewicht ermöglicht. Wir wollen keinen unfairen Wettbewerb der europäischen Staaten, Löhne zu drücken. Als Ziel in diesem Bereich setzen wir uns für die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung ein.

3. Für mehr Transparenz, mehr Beteiligung und ein starkes EU-Parlament
Europas Demokratie lebt vom Mitmachen, Mitentscheiden, Sicheinbringen und -einmischen. Die EU ist demokratisch legitimiert. Aber wie jede Demokratie hat sie Schwächen, die wir abbauen wollen. Zu oft wird europäische Demokratie zu einseitig über das Handeln nationaler Regierungen bestimmt, anstatt über das Europäische Parlament. Wir wollen eine größere europäische Öffentlichkeit und Legitimation erreichen. Deswegen wollen wir weiterhin europäische Spitzenkandidat*innen für das Amt des oder der Kommissions präsident*in. Parteien sollen auch mit transnationalen Listen für das EU-Parlament antreten. Dafür können wir nach dem Brexit einen Teil der frei werdenden Sitze der britischen Europaabgeordneten nutzen. Wir wollen, dass das direkt gewählte Europäische Parlament der zentrale Ort aller europäischen Entscheidungen wird und das Recht erhält, eigene Gesetzesvorschläge einzubringen. Auch im Bereich der Wirtschafts- und Währungsunion soll es gleichberechtigt mitentscheiden; um dies vorzubereiten, soll ein Ausschuss für Eurofragen mit besonderen Informationsrechten eingerichtet werden. Wir wollen die aktuellen Euro-Rettungsmechanismen in einen Europäischen Währungsfonds umwandeln, der durch das EP kontrolliert wird. Das EP muss die alleinige parlamentarische Vertretung für alle Unionsbürger*innen bleiben. Jegliche Formen von Euro-Nebenparlamenten lehnen wir ab. Um die Rückbindung der Eurogruppe zum Europäischen Parlament zu stärken, schlagen wir vor, den oder die EU-Kommissar*in für Wirtschaft und Währung als nächste*n Präsident*in der Eurogruppe zu wählen. Die Abwahl der EU-Kommission und ihrer Präsidentin oder ihres Präsidenten muss über ein konstruktives Misstrauensvotum durch eine einfache statt bisher Zweidrittelmehrheit der EP-Abgeordneten möglich sein. Zur Verbesserung der Transparenz sollte der Minister*innenrat grundsätzlich öffentlich tagen und jede*r soll wissen können, welches Land wie abstimmt. Auch die nationalen Parlamente wollen wir durch vertraglich gesicherte umfassende Informationsrechte stärken, damit das Handeln der eigenen Regierung in Brüssel stärker beeinflusst werden kann. Für Europäische Bürger*inneninitiativen gibt es heute unnötig hohe Hürden, die wir abbauen wollen. Schließlich sollten alle Unionsbürger*innen in den Staaten, in denen sie leben, die vollen bürgerlichen, sozialen und politischen Rechte genießen. Unionsbürger*innen sollten ein Landtagswahlrecht in Deutschland erhalten. Perspektivisch sollte die Unionsbürger*innenschaft zu einer europäischen Staatsbürger*innenschaft fortentwickelt werden.
Wir fordern mehr Transparenz durch ein verpflichtendes Lobbyregister. Ein „legislativer Fußabdruck“ soll sichtbar machen, wer mit welchem Budget in wessen Auftrag und zu welchem Thema Einfluss auf die Politik nimmt. Für Kommissionsmitglieder und höchste Entscheidungsträger*innen sollen striktere Karenzzeiten gelten, bevor sie in neue Positionen wechseln können.

4. Die EU als handlungsfähige Akteurin in der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik
Die europäischen Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass die EU bei der Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik mehr leistet, öfter mit einer Stimme spricht, mehr für unsere innere und äußere Sicherheit tut. Wir GRÜNE setzen uns für eine stärkere Europäisierung der Außen-, Entwicklungs-, Friedens- und Sicherheitspolitik ein. Kein europäisches Land ist allein in der Lage, den internationalen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen. Das gilt umso mehr in einer Zeit, in der sich durch die aggressive Großmachtpolitik Russlands unter Präsident Putin, die von Abschottung und nationalistischem Denken geprägte Politik des amerikanischen Präsidenten Trump und die vielen Krisenherde im Nahen Osten und in Nordafrika die Rahmenbedingungen für die Sicherheit der EU grundlegend ändern.
Das Zivile steht dabei für uns im Vordergrund. Die Mittel und das Personal für zivile Krisenprävention und die zivilen EU-Polizei- und Rechtsstaatsmissionen müssen bedarfsgerecht und damit deutlich erhöht werden. Wir stellen uns gegen einen fatalen Paradigmenwechsel, bislang zivile Gelder aus dem EU-Haushalt für Militär oder zur Abwehr von Flüchtlingen umzuverteilen sowie die Investitionsbank und das Instrument für Stabilität und Frieden zu militärischen Zwecken zu missbrauchen. Wir wollen die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) und den Europäischen Auswärtigen Dienst weiter ausbauen. Die EU soll aktiv an einer globalen Friedensordnung im Rahmen der Vereinten Nationen und an der Schaffung eines gesamteuropäischen Systems kooperativer Sicherheit, ausgehend von der OSZE, mitarbeiten. Die neuen Sicherheitsbedenken der osteuropäischen Länder nehmen wir dabei sehr ernst. Eine Lösung des Konfliktes in der Ukraine kann nur eine politische und diplomatische sein. Daher halten wir am Minsk-Prozess fest. Wir halten gezielte Sanktionen der EU gegen verantwortliche Individuen, öffentliche und privatwirtschaftliche Institutionen für ein wirksames Mittel der Außenpolitik und halten derzeit an der Aufrechterhaltung der Sanktionen gegenüber der Russischen Föderation fest.
Wir halten konkrete Schritte für eine verstärkte Zusammenarbeit und Integration der Streitkräfte in der Europäischen Union für sinn
Welt im Blick voll und für einen Teil der Antwort auf die internationalen Entwicklungen. Eine Erhöhung der Militärausgaben ist nicht sinnvoll und wir lehnen auch entsprechende Forderungen aus der NATO, die Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu steigern, ab. Uns geht es darum, durch engere gemeinsame Planung, Kooperation und Koordination Fähigkeiten auf europäischer Ebene zu bündeln, statt die Verschwendung öffentlicher Gelder fortzusetzen. Dies muss mit einer Stärkung der Mitspracherechte für das Europäische Parlament und mit einer gemeinsamen restriktiven Rüstungsexportpolitik einhergehen.
Die EU muss auch bei der Gestaltung ihrer Nachbarschaftspolitik aktiver werden. Die Erweiterungspolitik der EU ist für uns eine Erfolgsgeschichte. Sie steht für Frieden und Stabilität in Europa. Der Beitritt jedes einzelnen Landes muss aber weiter konsequent von Fortschritten im Beitrittsprozess und der Erfüllung der Kopenhagen Kriterien abhängig gemacht werden. Wir wollen alle Staaten des westlichen Balkans ohne Änderung ihrer Grenzen in die EU integrieren und das Beitrittsversprechen durch eine tiefgreifendere Zusammenarbeit mit möglichst vielen gesellschaftlichen Akteur*innen des Westbalkans glaubwürdig machen.
Wir GRÜNE stehen auch weiterhin fest an der Seite derjenigen in der Türkei, die für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Weltoffenheit eintreten. Wir verurteilen die von Erdogan eingeschlagene Politik hin zu einem autoritären Präsidialsystem, die massiven Angriffe auf Oppositionelle, auf die Zivilgesellschaft, auf die Meinungs- und Pressefreiheit. Der Krieg des türkischen Militärs und der Terror der PKK im Südosten der Türkei werden auf dem Rücken der Zivilgesellschaft ausgetragen. Auch die militärischen Interventionen in Syrien und im Nordirak lassen die Gewalt in der Region weiter eskalieren. Für die Zukunft der Kurd*innen kann es nur eine friedliche und politische Lösung geben. Es braucht nun eine grundlegende Neuvermessung der europäisch-türkischen Beziehungen. Mehr denn je müssen Deutschland und Europa klare Kante für Demokratie und Menschenrechte zeigen. Darum werden wir deutsche Rüstungsexporte in die Türkei stoppen. Politisch Verfolgte sollen in der EU Zuflucht finden und der Visumszwang abgeschafft werden. Verhandlungen über eine Ausweitung der Zollunion kann es erst geben, wenn die Türkei eine Kehrtwende zurück zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit vollzieht. Das gilt auch für die Fortführung der Beitrittsgespräche, die de facto bereits auf Eis liegen. Sie jetzt komplett abzubrechen, würde das falsche Signal an die proeuropäischen und demokratischen Kräfte in der Türkei senden. Für eine demokratische und weltoffene Türkei müssen die Türen zur EU offen bleiben.
Europa hat auch eine besondere Verantwortung für Afrika. Wir wollen unsere Partnerländer dabei unterstützen, lebenswerte Perspektiven für die Menschen vor Ort zu schaffen und damit langfristig auch Fluchtursachen zu beseitigen. Deshalb schlagen wir einen Zukunftspakt zwischen der EU und Afrika vor. Außerdem wollen wir die Einreisebedingungen für Auszubildende und Studierende aus afrikanischen Ländern in die EU erleichtern.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Internet
Die Grünen…

  • wollen den Datenschutz ausweiten.
  • setzen sich für einen flächendeckenden Ausbau des Glasfasernetzes ein.
  • fordern eine effektive Verhinderung digitaler Angriffe auf IT-Infrastrukturen.
  • möchten die Verwaltung modernisieren und E-Government einführen.
  • unterstützen den schnellen Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes.

„VII. WIR GESTALTEN DIE DIGITALISIERUNG
Smartphones, 3-D-Drucker, Liefer-Apps, Online-Handel und Share Economy – schon heute verändert die digitale Revolution unsere Wirtschaft, unsere Arbeitswelt und unseren Alltag grundlegend. Vieles spricht dafür, dass sich dieser Prozess noch einmal beschleunigen wird. Selbstfahrende Autos sind vielleicht schon in wenigen Jahren auf der Straße, am Horizont winkt künstliche Intelligenz. Wir wollen den digitalen Wandel aktiv gestalten. Denn wir sehen viele Chancen und Möglichkeiten durch die Digitalisierung, die wir ergreifen wollen.
Wir wollen neue, gute Jobs in neuen Arbeitsfeldern fördern. Wir wollen die ökologischen Möglichkeiten nutzen, die sich für die Energie- und Verkehrswende durch intelligente Steuerung, Automatisierung oder Vernetzung ergeben. Für all das werden wir die richtigen Weichen stellen. Wir wollen alle ermuntern und fördern, die den Mut haben, etwas Neues zu wagen. Und wir wollen diejenigen unterstützen, deren Arbeitsplätze oder deren Zukunft bedroht sind. Denn zugleich wirft dieser Wandel ethische Fragen auf und erzeugt enormen Anpassungsdruck etwa im Bildungs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialsystem. Hier braucht es eine gesamtgesellschaftliche Debatte für umfassende Lösungsansätze.
Die Digitalisierung trifft auf eine Wirtschaft, in der mit ökologischen Langzeitschäden, Investitions- und Nachfrageschwäche, zu starker Konzentration von Vermögen und zu großem Ressourcenhunger einiges im Argen liegt. Wir wollen Ordnung in dieses System bringen. Dafür brauchen wir mehr Investitionen, damit unsere Wirtschaft krisenfester und dynamischer wird. Dafür brauchen wir eine öffentliche Hand, die auch gegenüber Konzernen durchgreifen kann, um für fairen Wettbewerb, den Schutz der Verbraucher*innen und den Erhalt öffentlicher Güter zu sorgen.Es ist uns wichtig, die Digitalisierung mit klaren Regeln so zu gestalten, dass die Vorteile nicht nur wenigen in unserer Gesellschaft zugutekommen, und Risiken, zum Beispiel beim Datenschutz oder bei der Machtkonzentration einiger weniger Internetkonzerne, begrenzt werden, um einem potenziellen Machtmissbrauch gerade mit Blick auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten entgegenzuwirken. Die Digitalisierung wird wie jede technologische Revolution dafür sorgen, dass bestehende Tätigkeiten und Arbeitsplätze wegfallen und neue entstehen. Das ist für viele Menschen ein berechtigter Grund zur Sorge. Hier sind wir als Solidargemeinschaft gefragt. Wir wollen uns umso stärker aktiv für neue Jobs einsetzen. Wir werden unsere sozialen Sicherungssysteme auf diesen Wandel einstellen und ihre Zukunftsfähigkeit sichern. Wir werden dafür sorgen, dass alle gute Bildung genießen können – und zwar ein Leben lang. So können wir es schaffen, dass die Digitalisierung zu einem Gewinn für unser Land wird.
Wir wollen einen digitalen Aufbruch, bei dem Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik gemeinsam dafür sorgen, dass wir durch die Digitalisierung unserem Ziel, einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft, die sich am langfristigen Wohlstandsgewinn statt an kurzfristigen Profiten orientiert, näher kommen.

1. Mehr und nachhaltiger in unsere Zukunft investieren
Investitionen sind die Voraussetzung für eine dynamische und zukunftsfähige Wirtschaft und für wettbewerbsfähige Unternehmen. Die Erträge, zum Beispiel von Investitionen in Bildung, sind deutlich höher als die Zinsen, die wir derzeit für unsere Kredite bezahlen müssen, und Zukunftsinvestitionen bedeuten mehr Nachfrage und damit mehr Aufträge für unsere Wirtschaft vor Ort und gute Arbeitsplätze. Auch das trägt dazu bei, die Wirtschaft krisenfester zu machen. Wir investieren in Deutschland jedoch seit Langem viel zu wenig – sowohl die Unternehmen als auch der Staat. Unsere Kinder und Enkelkinder werden diese Fehlentwicklung ausgleichen müssen, wenn wir nicht schnell umsteuern. Die ausschließliche Fixierung auf die schwarze Null trägt nicht zur Generationengerechtigkeit bei. Diese erreichen wir erst, wenn neben der Begrenzung der Verschuldung Investitionen in die Zukunft des Landes getätigt werden. Deshalb wollen wir mindestens zwölf Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich investieren. Damit das öffentliche Vermögen nicht weiter schmilzt, soll zugleich eine neue Investitionsregel die bestehende Schuldenbremse ergänzen. Wir wollen daher die Bilanzierungsregeln für das öffentliche Vermögen umstellen, um dessen Wert und Wertverlust transparent zu machen. Es macht keinen Sinn, sich über die schwarze Null zu freuen, wenn auf der anderen Seite die öffentliche Infrastruktur zusammenbricht. Die Zeche für heute versäumte Investitionen zahlen immer die zukünftigen Generationen. Durch den konsequenten Abbau umweltschädlicher Subventionen schaffen wir weitere Haushaltsspielräume für Investitionen.
Wir GRÜNE wollen in moderne Mobilität, bezahlbare und energieeffiziente Wohnungen und einen Bildungsaufbruch – also in die Zukunft unseres Wohlstandes – investieren. Wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und sicherstellen wollen, dass die digitale Gründer*innenzeit überall in Deutschland möglich ist, müssen wir jetzt in ein schnelles und flächendeckendes Internet investieren. Grundvoraussetzung dafür ist ein zukunftsfähiger Breitbandausbau auf Basis von Glasfaser. Wir wollen dazu den Bundesbesitz an Telekom-Aktien im Wert von rund zehn Milliarden Euro veräußern und in den Breitbandausbau investieren. Das Thema Digitalisierung muss dabei in der Bundesregierung besser koordiniert werden und im Kabinett eigenständig vertreten sein.
Außerdem schaffen wir Planungssicherheit durch verlässliche Rahmenbedingungen und wollen Unternehmen, die ihre Gewinne nicht entnehmen, sondern reinvestieren, besonders fördern.

2. Fairer Wettbewerb statt Machtwirtschaft
Konzentrierte und verkrustete Märkte sind Gift für fairen Wettbewerb. Wir GRÜNE setzen uns für diskriminierungsfreie und offene Märkte ein, etwa bei der Netzneutralität. Echte Netzneutralität ist die Voraussetzung für einen fairen digitalen Wettbewerb. Ein „ZweiKlassen-Internet“ braucht niemand.
Wir sorgen für Preise, die die ökologische und soziale Wahrheit sagen – wie bei der ökologischen Finanzreform und der Leiharbeit. So haben nicht diejenigen Vorteile, die am meisten verschmutzen oder ausbeuten. Die Rahmenbedingungen sollten so formuliert sein, dass kleine oder junge Unternehmen sie ebenfalls meistern können. Einfache, aber wirksame Regeln wie eine Schuldenbremse für Banken, ein EU-weiter Mindeststeuersatz für Unternehmen und ein funktionierender CO2-Emissionshandel sind weitere wichtige – Hebel für einen fairen Wettbewerb. Sektoren und Märkte mit sehr mächtigen Einzelunternehmen wollen wir besser regulieren, damit nicht Einzelne auf Kosten der Verbraucher*innen, der Umwelt, der Persönlichkeitsrechte oder der Steuerzahler*innen ihre Profite hochschrauben und einen Missbrauchsvorteil ausspielen können.
Große Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon und Co verändern die Art und Weise, wie wir leben und wie unsere Wirtschaft funktioniert, gerade rapide. Daten und Vernetzung gewinnen für die Produktion, aber auch den Wert von Gütern und Dienstleistungen eine immer größere Bedeutung. Es ist denkbar, dass der Wert eines Autos sehr bald stärker daran gemessen wird, wie gut seine Vernetzung mit dem Internet ist und welche datengetriebenen Dienste und Programme es den Fahrer*innen anbietet, als wie gut der Motor oder die Verarbeitung ist. Große Plattformen und Portale gewinnen mit jedem und jeder Nutzer*in an Bedeutung. Generell gilt, wer die Daten hat und sie nutzt, hat einen Wettbewerbsvorteil. Zum einen wollen wir sicherstellen, dass der Schutz unserer Daten dabei immer gewährleistet wird. Zum anderen stellt diese veränderte Wertschöpfung eine enorme Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar. Unternehmen dürfen den Trend nicht verschlafen und müssen durch Innovationen fit bleiben. Wir wollen sie dabei unterstützen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Monopolartige Strukturen wollen wir verhindern. Daher wird die öffentliche Hand als Hüterin des fairen Wettbewerbs immer wichtiger. Wir setzen uns deshalb für einen neuen politischen wie rechtlichen Ordnungsrahmen und eine Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts ein, welche die Informations-, Markt- und Datenmacht einzelner Unternehmen effektiv begrenzt. Das bedeutet auch, dass Großkonzerne, Banken, die „too big to fail“ sind, oder Netzmonopole in extremen Fällen entflochten werden sollten.
Damit der Mittelstand im Zuge der Digitalisierung im Wettbewerb mit großen Unternehmen gut aufgestellt ist, wollen wir ein IT-Beratungsnetzwerk für den digitalen Wandel einrichten. Dieses dezentrale Netzwerk von Berater*innen soll in die Unternehmen gehen können, die IT-Sicherheit überprüfen und anbieterunabhängige Verbesserungsvorschläge geben. Dabei sollen auch Empfehlungen ausgesprochen werden, wie das Unternehmen sich im Prozess von Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung zukunftsfähig aufstellen und auch mehr Frauen für die Branche gewinnen kann.
Milliardenschwere Großunternehmen – auch aus der Digitalbran che – nehmen wir in die Pflicht, ihrer gesellschaftlichen Verant wor tung wieder gerecht zu werden. Für Großunternehmen muss es wieder eine Selbstverständlichkeit sein, Steuern auf Gewinne zu zahlen – wir werden sie darauf verpflichten. Ebenso müssen sie sich an klare rechtliche Vorgaben halten, wie zum Beispiel das neue und von uns federführend verhandelte EU-Datenschutzrecht. Außerdem wollen wir einen europäischen digitalen Binnenmarkt schaffen, dadurch würden sich vielen innovativen europäischen Unternehmen neue Chancen eröffnen.

3. Gute Arbeit 4.0
Die digitale Arbeitswelt wird vernetzter, technischer und auch flexibler sein. Und wir wollen, dass sie auch humaner, familienfreundlicher und ökologischer wird. Mit der Digitalisierung verändern sich Arbeitsinhalte, Arbeitsplätze und Arbeitsstrukturen. Arbeit ist nicht mehr an Ort und Zeit gebunden. Deshalb fordern wir auch ein Recht auf Homeoffice als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz und unter Berücksichtigung der betrieblichen Möglichkeiten. Das schafft Zeitsouveränität und Freiräume für mehr selbstbestimmtes Arbeiten.
Die Digitalisierung stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen: permanente Erreichbarkeit, Mehrarbeit und umfassende Leistungskontrolle. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, abhängiger und selbständiger Tätigkeit, zwischen Selbstbestimmung und Selbstausbeutung laufen Gefahr zu verschwimmen. Hier wollen wir Beschäftigte und Selbständige schützen. Deshalb werden wir den Arbeitsschutz an die digitale Arbeitswelt anpassen, betriebliche Mitbestimmungsrechte stärken und mit einem eigenständigen Beschäftigtendatenschutzgesetz vor umfassender Leis tungskontrolle schützen. Solo-Selbständige und Kreative müssen zukünftig für alle Lebenslagen sozial abgesichert sein und sie müssen fair entlohnt werden. Deshalb wollen wir ein allgemeines Mindesthonorar als absolute Untergrenze für zeitbasierte Dienstleistungen einführen und gleichzeitig branchenspezifische Mindesthonorare für bestimmte Werke und Dienstleistungen ermög lichen, die gut zu
den jeweiligen Branchen passen. Über Online- Plattformen vermittelte Arbeit und die Zahl der Clickworker*innen nehmen zu. Plattformen dürfen weder für Lohndumping noch als rechtsfreier Vertriebskanal missbraucht werden. Nur wenn die heutigen Sozial- und Arbeitsstandards weiterhin gelten, entstehen fairer Wettbewerb und gute Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt. Der digitale Wandel der Arbeitswelt hat bereits begonnen. Diesen Strukturwandel wollen wir positiv gestalten.
Durch die Digitalisierung werden neue Arbeitsplätze entstehen, aber manche Tätigkeiten werden auch automatisiert. Die ökologische Modernisierung ist dabei eine Chance, damit nicht nur für Pro grammierer*innen, sondern auch für Handwerker*innen und Fachar beiter*innen neue Jobs entstehen. Digitale Kompetenzen werden von zentraler Bedeutung sein. Deshalb fördern wir Weiterbildungen bereits im Job und nicht nur bei Arbeitslosigkeit ( Kapitel: Wir kämpfen für gute Arbeit und bessere Vereinbarkeit, Projekt Arbeitsversicherung, S. 216). Digitalisierung und Automatisierung bieten aber auch die Chance der Reduzierung der Arbeitsbelastung, der Ermöglichung anderweitigen Engagements, zum Beispiel im Ehrenamt, oder der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hierfür sind jedoch eine aktive politische Gestaltung der Umbruchprozesse und das Stellen der richtigen arbeitspolitischen Weichen nötig.
4. Unternehmensgründungen fördern
Mit ihren Ideen und ihrer Schaffenskraft fordern Gründerinnen und Gründer etablierte Unternehmen heraus, wagen Neues und modernisieren so unsere Wirtschaft. Aufgrund der Digitalisierung erleben wir gerade eine neue Gründer*innenzeit. Es sind die Unterneh mer*innen, die die Energie-, Mobilitäts- und Agrarwende in die Praxis umsetzen und zu einem Erfolgsmodell machen. Sie gehen ins Risiko und finden kreative Lösungen. Wir wollen sie dabei unterstützen, indem wir für Selbständige den Zugang zu den sozialen Sicherungssystemen verbessern, neue Finanzierungsformen wie Crowdfunding stärken und diese mit Förderbanken vernetzen sowie Co-Working- und Gewerberäume für Gründer*innen fördern.
Neben der Projekt- und Gründer*innenförderung wollen wir Forschungsaktivitäten in kleinen und mittleren Unternehmen auch — steuerlich begünstigen, um das kreative Potenzial und den Erfindergeist dort noch stärker zu mobilisieren. Durch eine Steuergutschrift von 15 Prozent sollen ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben künftig gefördert werden. Wir wollen ein unbürokratisches und wirksames Förderinstrument für alle Gründungswilligen. Mit dem grünen Gründungskapital bekommt jede*r, die oder der sich selbständig machen will und ein überzeugendes Konzept vorlegt, einmalig ein flexibles und zinsfreies Darlehen von bis zu 25.000 Euro. Die Rückzahlung erfolgt, sobald das Unternehmen Fuß gefasst hat. Wir wollen gerade für Kleinunternehmer*innen den Zugang zu Mikrokrediten verbessern, indem der bürokratische und finanzielle Aufwand verringert wird. Offene Standards, Schnittstellen, Daten und Software erleichtern es findigen Köpfen, neue Geschäftsideen umzusetzen. Zudem wollen wir die Grenze zur Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro anheben. Und wir wollen einen bundesweiten One-Stop-Shop für Gründer*innen einrichten, sodass alle nötigen bürokratischen Voraussetzungen und Beratungsleistungen an einem Ort aufzufinden sind. Wir wollen politische Rahmenbedingungen so formulieren und vereinfachen, dass kleine oder junge Unternehmen, Kulturschaffende und Kreative sie ebenfalls meistern können – und große Unternehmen sie mit ihren teuren Anwält*innen nicht mehr einfach aushebeln können.
Ein innovatives Land braucht starke Hochschulen. Wissenschaft braucht neugierige Menschen und diese brauchen ausreichend Räume und eine gute Ausstattung, also eine moderne Infrastruktur des Wissens. Dafür braucht es ein Modernisierungsprogramm, um den Sanierungsstau aufzulösen: für mehr studentischen Wohnraum, den Ausbau von Laboren und Bibliotheken, aber auch für digitale Infrastruktur. Mit diesem Vorschlag werden wir die Hochschulen wieder auf die Höhe der Zeit bringen und ihre Grundfinanzierung verbessern, damit vielfältige, unabhängige und exzellente Forschung und Lehre möglich ist.
Die Digitalisierung erleichtert auch die Gründung von Unternehmen, die alternative Wirtschaftsformen im Blick haben – angefangen bei solidarischer Ökonomie über Social Entrepreneurship bis hin zur Sharing Economy. Wir wollen solche Modelle politisch stärken und Offenheit als Leitprinzip für digitale Modelle des Teilens verankern.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Spezialthema: Tier-, Umwelt- und Klimaschutz
Die Grünen…

    • fordern eine Veränderung des Düngerechts, um Gewässer zu schützen.
    • möchten innovative Projekte zur Abfallvermeidung starten.
    • wollen Radverkehr, öffentliche Verkehrsmittel und emissionsfreie Mobilität fördern.
    • fordern Naturschutz als oberstes Ziel in Naturschutzgebieten.
    • möchten den Biotopverbund bundesweit ausbauen.
    • setzen sich für weniger Tierversuche ein, wollen Alternativen dazu fördern.
    • fordern eine giftfreie Landwirtschaft für gesunde Lebensmittel..


„Das Klimaabkommen von Paris ist ein Meilenstein für die Rettung unseres Planeten. Wir haben das Wissen, die Technik und den Erfinder*innengeist, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden. Wir stehen deshalb jetzt vor einer Entscheidung, die unser Leben und das Leben unserer Kinder prägen wird. Kämpfen wir für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen oder sägen wir weiter an dem Ast, auf dem wir sitzen? Setzen wir auf dreckige Kohle wie Union und SPD oder auf schmutziges Öl wie Trump und Putin? Oder brechen wir auf in ein neues, grünes Zeitalter?
Wir wollen anpacken: Denn Hochwasser, Dürren und das Ansteigen des Meeresspiegels sind keine fernen Bedrohungen mehr. Sie finden statt. Täglich. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es auf der Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa weitere vier Grad wärmer. Wir sind dabei, mit unserer Art zu wirtschaften und zu konsumieren unsere Lebensräume zu zerstören – von den Regenwäldern über unser Grundwasser und unsere Böden bis hin zu den Weltmeeren. Und wir verursachen ein neues Artensterben, das unsere Umwelt ärmer und zerbrechlicher macht.
Die Folgen wären Hunger, Armut und Konflikte um knapper werdende Ressourcen, wie zum Beispiel Wasser. Die Kriege und Fluchtbewegungen der vergangenen Jahre wären nur ein laues Lüftchen gegenüber dem Sturm, der kommenden Generationen drohte. Uns geht es darum zu verhindern, dass blinder Wachstumsglaube und ungebremstes Profitstreben unseren einzigartigen Planeten zerstören. Wir wollen dafür eine Wirtschaft, die mit der Umwelt statt gegen sie arbeitet, die nachhaltigen Wohlstand für alle ermöglicht. Frieden, Sicherheit und ein gutes Leben für alle können wir in Zukunft erreichen, wenn wir unsere natürlichen Lebensgrundlagen schützen, statt sie weiter zu zerstören.
Wenn wir jetzt entschlossen handeln, ist das gleichzeitig auch eine große Chance und der richtige Weg für unser Land in eine lebenswerte Zukunft, die Wohlstand und Sicherheit für alle schafft.
Auf diesen Weg haben sich längst viele Menschen und Unternehmen gemacht. Und schon einiges erreicht. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten Wälder geschützt, Abgase und Schadstoffbelastungen reduziert und wertvolle Arten gerettet. Bürger*innen schließen sich zusammen und erzeugen Strom durch Wind, Sonne und Wasser, Ingenieur*innen tüfteln an immer besseren Elektrofahrrädern, E-Autos und Lkw mit erneuerbaren Antrieben. Architekt*innen und Bauarbeiter*innen bauen Häuser, die mehr Energie erzeugen, als sie verbrauchen. Es sind viele, die davon profitieren: Hunderttausende, die ihr Geld mit erneuerbaren Energien verdienen – von Stahlarbeiter*innen bis zu Installateur*innen. Genauso ganze Wirtschaftszweige, die mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben und schon heute die Märkte von morgen erschließen.
Wir werden jetzt die nächsten Schritte der ökologischen Modernisierung gehen. Wir machen eine Wirtschaftspolitik mit ehrgeizigen Zielen, die den Unternehmen zwar etwas zumutet, aber gerade durch Innovationen neue Möglichkeiten eröffnet, Planungssicherheit schafft und neues Wissen und neue Technologien fördert. Wir wollen einen fairen Wettbewerb, der die Folgekosten umweltschädlichen Handelns nicht weiter der Allgemeinheit aufbürdet. Das bedeutet: Die Unternehmen, die den Weg in die ökologische Erneuerung gehen, unterstützen wir. Wir werden aber auch weiterhin mit den Lobbyverbänden und den Unternehmen den Konflikt austragen, die ihre Geschäftsinteressen ohne Rücksicht auf die Umwelt verfolgen. Freiwillige Selbstverpflichtungen helfen da wenig weiter. Wir werden alles dafür tun, dass Umweltrecht konsequent umgesetzt wird und Bürger*innen sich ohne Hürden in Verfahren einbringen und auch klagen können.
Wir werden unsere Wirtschaft, unseren Verkehr sowie unsere Energie- und Lebensmittelproduktion konsequent auf grünes Wirtschaften und grüne Technologien umstellen. Mit einem konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien, dem Kohleausstieg und dem Umstieg auf Elektromobilität. Mit dem Ausstieg aus der industriellen Massentierhaltung und der Förderung einer menschen-, umwelt- und tiergerechten Landwirtschaft.
Klima- und Umweltpolitik sind auch eine Frage der Gerechtigkeit. Gerade diejenigen, die wenig haben, leben in Vierteln mit hoher Luftverschmutzung oder großer Lärmbelastung. Global sind es die Ärmsten, vor allem Frauen und Kinder, die von der Umweltzerstörung besonders betroffen sind – obwohl sie am wenigsten dazu beitragen oder an den Entscheidungen beteiligt sind. Die Kleinbäuerinnen und -bauern in Afrika, deren Land verdorrt, das Waisenkind, das auf hochgiftigen Deponien im Elektroschrott der Industrieländer wühlt: Dagegen tun wir etwas: Wir recyceln unsere Rohstoffe, beenden die schädlichen Subventionen für die Agrarindustrie, die zum Billigexport von europäischen Lebensmitteln in alle Welt führen, und stoppen die Überfischung vor Afrikas Küsten.
Wir sorgen dafür, dass es bei Umwelt- und Klimaschutz gerecht zugeht. Wo Jobs, zum Beispiel in der Kohleindustrie, verloren gehen, kümmern wir uns schon heute um gute soziale Absicherung und neue Jobperspektiven. Wo Preise endlich die ökologische Wahrheit sagen, sorgen wir mit besseren Löhnen und angemessenen Sozialleistungen dafür, dass die Preise auch von allen bezahlt werden können.
Um eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder zu ermöglichen, werden wir unsere Art zu leben und zu wirtschaften so verändern, dass wir die ökologischen Grenzen unseres Planeten respektieren. Ökologische Politik bedeutet für uns Gemeinwohlorientierung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, Teilhabe und Verantwortung für kommende Generationen zu fördern. All das ist es, was wir mit der sozial-ökologischen Transformation angehen wollen.
Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist unsere gemeinsame Herausforderung. Zugleich schafft die ökologische Modernisierung einmalige Chancen: auf sauberes Wasser und Luft, auf gesundes Essen, auf unzerstörte Naturlandschaften, auf mehr Lebensqualität und weniger Lärm, auf neue Jobs und Innovationen, auf ein gutes und friedliches Leben auf unserem blauen Planeten.“

„I. WIR ERHALTEN UNSERE NATUR
Der Mensch ist auf sauberes Wasser, gesunde Böden und gute Luft angewiesen. Nur dann können alle frei, unbesorgt und gesund leben, können gestalten und genießen. Natur und Umwelt zu schützen heißt, die Grundlagen unseres Lebens zu schützen. Doch wir Menschen setzen die planetaren Grenzen mit unserer Art zu wirtschaften und zu konsumieren mehr und mehr aufs Spiel. Der zukunftsvergessene Umgang mit der Natur und ihren Schätzen fällt am Ende auf uns selbst zurück. Das Quecksilber, das die Kohlekraftwerke in die Luft pusten, der Plastikmüll, den wir in Flüssen und Meeren „entsorgen“, die Pestizide und Arzneimittelrückstände, mit denen wir unsere Böden und Gewässer belasten – all das löst sich nicht einfach auf. Es gelangt in unser Trinkwasser, in unsere Atemluft und in unser Essen. Es ist allerhöchste Zeit, das zu beenden. In einigen Bereichen haben wir heute schon längst die Belastungsgrenze unseres Planeten überschritten.
Darum stellen wir GRÜNE die Umwelt und den Erhalt unserer Lebensgrundlage in das Zentrum unserer Politik. Wer die Umwelt schützt, kämpft für eine lebenswerte und gerechte Welt für alle. Wir GRÜNE wollen unser Naturerbe, die biologische Vielfalt der Erde, bewahren. Wir wollen das Verramschen unserer Umwelt beenden. Wir wollen saubere Flüsse und Seen, ohne Gülle, Medikamentenrückstände und Mikroplastik. Wir wollen Felder und Wiesen, auf denen Insekten und Vögel einen Lebensraum finden. Unser Ziel ist es, eine lebenswerte Welt auch für unsere Kinder und die kommenden Generationen zu erhalten. Dafür streiten wir mit Leidenschaft.

1. Kein Leben ohne Wasser
Wasser ist die Wiege allen Lebens und unser Lebensmittel Nummer eins. Wir müssen es daher vor Verschmutzung schützen und endlich auch in Deutschland überall einen guten ökologischen Zustand der Gewässer erreichen. Zusätzliche Risiken wollen wir ausschließen.
Darum lehnen wir Fracking nachdrücklich ab. Trinkwasser, Umwelt und Gesundheit zu gefährden und Erdbeben zu riskieren, nur um so auch noch den letzten Rest Erdgas und Öl aus dem Boden zu pressen, ist unverantwortlich. Auch müssen die bereits nachgewiesenen Probleme mit Lagerstättenwasser, aber auch Methanemissionen bei der Öl- und Gasförderung beseitigt und keine neuen, unabsehbaren Gefahren befördert werden.
Diesen vorsorgenden Blick nehmen wir auch beim Hochwasserschutz ein. Wir beugen vor, indem wir Bächen und Flüssen Raum ge ben, sich wieder naturnah zu entwickeln. Wir verlegen Deiche zurück und weisen Überschwemmungsgebiete aus. So schützen wir Bürger*innen und Unternehmen vor Schäden durch Hochwasser und fördern eine artenreiche Tierund Pflanzenwelt, die in ausgedehnten Flussauen wichtige Lebensräume findet. Wir werden Hochwasserschutzstrategien für ganze Fließgewässersysteme zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels entwickeln und so vermeiden, dass Schutzmaßnahmen in einer Region beim folgenden Hochwasser zusätzliche Schäden in einer anderen Region verursachen. Flussvertiefungen wie an Elbe und Weser lehnen wir ab.
Um unser Grundwasser, unsere Flüsse und Seen vor dem übermäßigen Eintrag von Nähr- und Schadstoffen zu schützen, werden wir die Güllemassen aus der industriellen Landwirtschaft eindämmen. Wir wollen unser Wasser besser und wirksamer vor Rückständen und Schadstoffen, die bei Menschen und Tieren hormonverändernde Wirkung bis zur Unfruchtbarkeit zeigen oder krebserregend sind, schützen. Dadurch werden erhebliche zusätzliche Kosten bei der Trinkwassergewinnung vermieden. Über die Flüsse gelangen Müll und Schadstoffe auch in die Meere, wo sie großen Schaden anrichten. Medikamentenrückstände, hormonwirksame Stoffe und Schwermetalle reichern sich in der Nahrungskette an.
Nitrat und Phosphat aus der Landwirtschaft befeuern die Algenblüte und schaffen Todeszonen in den Meeren und in den heimischen Gewässern. Acht Millionen Tonnen Plastik landen jedes Jahr in unseren Ozeanen. Wir akzeptieren nicht, dass die Meere ein Raum ohne Leben werden, in dem es mehr Plastik als Fische gibt, dies würde auch unsere Existenz gefährden. Deshalb wollen wir Schluss machen mit dem Eintrag von Plastik in Gewässer und Umwelt. Dafür stärken wir national Abfallvermeidung, das Recycling, die Einführung von Mehrwegsystemen wie etwa bei To-go-Bechern und die Entwicklung abbaubarer Kunststoffe. Ebenso gilt es, den Eintrag von Mikroplastik vor allem ins Wasser einzudämmen. So hat dies etwa in Kosmetika nichts zu suchen; zugleich braucht es in Klärwerken Filterstufen zur Entfernung von Plastikpartikeln.
Das Leben in den Meeren steht auch durch zweifelhafte Fischereipraktiken, wie den Einsatz von Grundschleppnetzen, und zu hohe Fischereiquoten massiv unter Druck. Nach wie vor fischen europäische Trawler die Meere vor Afrikas Küsten leer und gefährden damit nicht nur das Meeresökosystem, sie nehmen auch den Fischer*innen vor Ort ihre Lebensgrundlage. Darum wollen wir die Überkapazitäten der europäischen Fangflotte abbauen und alle Fischereiabkommen ökologisch und sozial verträglich gestalten. Nutzungsfreie Meeresschutzgebiete sollen dafür sorgen, dass sich das Ökosystem Meer erholen kann, auch in Nord- und Ostsee. Kurzfristig müssen Naturschutzgebiete frei von Grundschleppnetzen und Stellnetzen sein, die den Meeresboden umpflügen und Schweinswale beziehungsweise Seevögel ersticken und ertrinken lassen. Mittelfristig dürfen in der gesamten Ost– und Nordsee nur noch alternative Fischfangmethoden zum Einsatz kommen, um die Fischerei in Einklang mit der Meeresumwelt zu bringen. An den Küsten Deutschlands wird derzeit noch mitten im Nationalpark und UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer unter Gefährdung der Artenvielfalt nach Öl gebohrt. Das wollen wir beenden. Dank der GRÜNEN in Schleswig-Holstein wurden bereits Erkundungsbohrungen im Nationalpark Wattenmeer verhindert.

2. Saubere Luft und gesunder Boden
Jedes Jahr sterben weltweit zehntausende Menschen, weil Stickoxide und Feinstaub die Luft verpesten und zu Lungen- und HerzKreislauf-Erkrankungen führen. Auch wenn sich bei uns der Himmel über den Städten nicht gelb einfärbt wie in vielen Städten Asiens, ist auch bei uns der Kampf für saubere Luft längst noch nicht gewonnen. Jährliche Messungen zeigen, dass vielerorts Grenzwerte bei Feinstaub und Stickoxiden überschritten werden. Hauptursache sind Millionen von Dieselautos, die infolge der Tricks und Mani pu-lationen der Autoindustrie die Grenzwerte im Alltagsbetrieb oft um ein Vielfaches überschreiten. Wir wollen, dass die betroffenen Autos so schnell wie möglich auf Kosten der Hersteller nachgerüstet werden, damit die Halter*innen nicht die Leidtragenden von Fahrverboten sind, die die Bundesregierung mit ihrer Untätigkeit zu verantworten hat. Um die Menschen zu schützen und die Schadstoffbelastung der Atemluft zu verringern, wollen wir eine blaue Plakette einführen, emissionsfreie Mobilität fördern, einen Großteil der Beförderungsleistung auf den ÖPNV und das Rad verschieben, die notwendige Nachrüstung von Baumaschinen, Dieselloks et cetera fördern und so die Einhaltung strenger Luftreinhaltungsnormen sicherstellen. Nur so kann es gelingen, die Luft in unseren Städten sauber zu bekommen. Mit verbindlichen Grenzwerten für Innenraumluft werden wir zudem die gesundheitliche Belastung in Wohnungen und Büros etwa durch Emissionen aus Laserdruckern oder Kopierern reduzieren. Um Betroffene nicht weiter mit den gesundheitlichen und finanziellen Folgen belasteter Wohnund Arbeitsräume alleinzulassen, wollen wir anlassbezogene Luftschadstoffmessungen für Innenräume und Schadstoffsanierungen im Gebäudebestand fördern.
Auch unsere Böden sind in Gefahr und brauchen dringend Schutz. Immer mehr landwirtschaftliche und naturnahe Flächen in Deutschland werden zubetoniert. Die Industrialisierung der Landwirtschaft überlastet unsere Böden mit Gülle und Pestiziden, entwässert und verdichtet sie. So können sie ihre wichtige Funktion für einen funktionierenden Naturhaushalt und als Kohlenstoffspeicher nicht erfüllen.
Wir streben das Null-Hektar-Ziel an: Künftig sollen nicht mehr Flächen in Anspruch genommen werden, als an anderer Stelle wieder freigelegt werden. So stoppen wir den Flächenfraß. Dazu führen wir einen Mix an Instrumenten ein, um den Flächenverbrauch schrittweise zu reduzieren und langfristig zu stoppen. Hektarweise liegen alte Industrieflächen brach, die man wieder nutzen kann. So ermöglichen wir wirtschaftliche Entwicklung, ohne dabei grüne Wiesen einzuebnen. Wir streben in Abstimmung mit den Ländern eine Sanierung aller Altlasten bis zum Jahr 2050 an und wollen gerade die Kommunen dabei unterstützen, alte, versiegelte Industrie-und Brachflächen zu reaktivieren.

3. Wir schützen Pflanzen und Tiere
Das Aussterben von Tierund Pflanzenarten, die Bedrohung der gesamten biologischen Vielfalt, hat unabsehbare Konsequenzen für das ökologische Gleichgewicht der Erde. Der Schutz der biolo gischen Vielfalt ist bei uns genauso wichtig wie in den tropischen Regenwäldern oder in der Arktis. Jede dritte Art ist in Deutschland vom Aussterben bedroht.
Zu den Hauptgründen zählt die industrielle Landwirtschaft mit ihren Pestiziden und Monokulturen. Heute kann man von Flensburg nach Freiburg fahren, ohne immer wieder die Frontscheibe seines Autos von Insekten reinigen zu müssen. Das ist keine gute Nachricht. Denn „Pflanzenschutz“ heißt in der industriellen Landwirtschaft heute vor allem Insektenvernichtung. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der fliegenden Insekten um 80 Prozent abgenommen. Damit wird die Nahrungskette schon zu Beginn durchtrennt: Findet die Schwalbe keine Mücke, sind auch ihre Tage gezählt. So löschen wir die „Festplatte“ unserer Natur jeden Tag ein Stück mehr und hinterlassen biologische Einöde statt blühender Landschaften. Auch unsere Ernährung hängt von funktionierenden Ökosystemen ab: Ohne die Bestäubungsleistung der Bienen sähen unsere Supermarktregale ganz schön leer aus.
Wir GRÜNE setzen auf konsequenten Natur- und Artenschutz. Damit erhalten wir nicht nur die natürliche Vielfalt und Schönheit der Landschaft, eine intakte Natur leistet auch unbezahlbare Dienste, zum Beispiel im Wasser-, Boden- und Luftschutz, und stellt wichtige Grundstoffe für unzählige Produkte, etwa in der Chemie und Medizin, zur Verfügung. Das gilt insbesondere für den Wald, dem auf einem Drittel der Fläche Deutschlands eine besondere Rolle für den Klima- und Artenschutz zufällt. Um die biologische Vielfalt zu schützen, werden wir dafür sorgen, dass die bestehende Gesetzgebung im Naturschutzbereich konsequent umgesetzt und wo nötig an die Erfordernisse des Naturschutzes angepasst wird. Weiterhin werden wir internationale Konventionen wie das Übereinkommen über die biologische Vielfalt umsetzen.
Immer neue Gewerbegebiete, Straßen und Siedlungen planieren die Natur zu und zerstören die letzten wilden Lebensräume für viele Tiere und Pflanzen. Wir GRÜNE wollen stattdessen Wildnis zulassen. Neben traditionellen artenreichen Kulturlandschaften wie zum Beispiel Heide oder den bunten Orchideenwiesen, die auf eine extensive Bewirtschaftung angewiesen sind, schützen wir Wälder, damit sie sich wieder zu Urwäldern entwickeln können, ebenso wie Moore und Auen. So wie in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, wo unsere Landesregierungen zwei neue Nationalparks erkämpft haben.
Für unseren Siedlungs- und Infrastrukturbedarf kann durch Umnutzung und Nachverdichtung ausreichend Platz gefunden werden. Wir unterstützen die Einrichtung von weiteren Nationalparks und eine Ausweitung des Grünen Bandes. Natur hat für uns auch dann einen Wert, wenn dieser nicht in Euro und Cent ausgedrückt werden kann. Die Praxis der Land-, Fischerei- und Forstwirtschaft soll sich künftig am Schutz der biologischen Vielfalt ausrichten. Deshalb wollen wir unter anderem den Naturschutz im Waldgesetz verankern und naturnahe Waldbewirtschaftung unterstützen. Bei Eingriffen in die Natur werden wir die Ausgleichsregelungen so gestalten, dass stets der größte Nutzen für die Natur und den Naturschutz erreicht wird.

4. Ressourcen schonen – Vom Müllberg zum Kreislauf
Stetig steigt die Müllflut. Viele Produkte wie Plastiktüten und Einweg-Kaffeebecher werden nur kurz genutzt und dann weggeworfen. Einige Hersteller gestalten ihre Produkte so, dass sie nicht reparierbar sind. Damit schaden sie der Umwelt und den Verbrau cher*innen. Wir wollen längere Lebensdauern von Produkten fördern und dadurch zu einer Schonung von Ressourcen beitragen.
Ökologisch vorteilhafte Pfandsysteme werden von Getränkeindustrie und -handel mit Unterstützung der Bundesregierung gezielt unterlaufen. Wir GRÜNE wollen, dass unsere Ressourcen geschützt werden, so werden wir unter anderem dafür sorgen, dass Plastikeinwegflaschen durch Mehrweg ersetzt werden. Mit einer Ressourcenabgabe auf Produkte setzen wir einen Anreiz für Ressourcenschutz und Effizienzmaßnahmen. Alle, die Ressourcen nutzen, sollen für die ökologischen und sozialen Kosten ihrer Gewinnung bezahlen und die Förderung einer echten Kreislaufwirtschaft mitfinanzieren. Auch heute noch wird Abfall nicht ausreichend in den Kreislauf zurückgeführt. Mit einem Wertstoffgesetz, das anspruchsvolle Verwertungsquoten festschreibt, machen wir Haus- und Gewerbemüll zu einer Quelle für Neues. Dabei sehen wir die Verantwortung für die Abfallsammlung bei den Kommunen.
Wir wollen eine Kreislaufwirtschaft, die mit neuen Produkten neue Märkte erschließt und neue Arbeitsplätze schafft und zugleich unseren Rohstoffverbrauch entscheidend verringert. Denn eine andere Ressourcenpolitik ist nicht nur ökologisch notwendig. Sie trägt auch dazu bei, den Wettlauf um immer knapper werdende Ressourcen, der mit Menschenrechtsverletzungen und kriegerischen Konflikten einhergeht, einzudämmen.“

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der Grünen

Wer sich das Wahlprogramm lieber anhören möchte, findet eine Audioversion auf der Internetseite der Grünen.

Noch ein Tipp: Bereits im MZ-Wahlkalender erschienen sind die Wahlprogramme der Linken (Türchen 5), der SPD (Türchen 9) und der CDU/CSU (Türchen 12).