Wahlprogramme weisen meist zwei typische Merkmale auf: Sie sind lang und kompliziert. Aus diesem Grund möchten wir euch einen kurzen und leicht zu verstehenden Einblick die Wahlprogramme zur diesjährigen Bundeswahl geben. Wir konzentrieren uns dabei auf Themen, die junge Wähler interessieren. „Denken wir neu“, so lautet der Titel des Programms der FDP (komplett nachzulesen hier). Wir haben es uns genauer angeschaut.

 

 

Bildung
Die FDP…

  • will mehr Geld des Staatshaushalts für Bildung zur Verfügung stellen.
  • fordert einheitliche Standards bei den Abschlussprüfungen in den Bundesländern.
  • garantiert Schülern, dass sie unterrichtet werden.
  • setzt Schulen in freier Trägerschaft mit staatlichen Einrichtungen gleich.
  • will Anreize schaffen, um den Lehrerjob attraktiver zu gestalten.
  • fordert eine bessere Ausbildung und mehr Geld für Kita-Personal.
  • setzt sich dafür ein, dass Studenten ihre Studiengebühren erst nach Beendigung des Studiums zahlen müssen.

Wir Freie Demokraten wollen die Ausgaben für Bildung so erhöhen, dass – gemessen am Staatshaushalt – Deutschland zu den führenden fünf Ländern der 35 Staaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zählt. Die umfassende Modernisierung des Bildungssystems würde Länder und Kommunen allein überfordern. Die Finanzierung muss daher eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden. Auch ideologisches Gezänk und bürokratische Reibungsverluste passen nicht mehr in eine Zeit, in der nicht mehr Bremen mit Bayern im Wettbewerb steht, sondern Deutschland als Ganzes mit Nordamerika und China. Daher wollen wir einheitliche Bildungsstandards in Deutschland. Insbesondere Schulabschlüsse müssen über einheitlich gestellte Abschlussprüfungen vergleichbarer werden. (Seite 21)

Wir Freie Demokraten setzen für die weltbeste Bildung auf mehr Eigenständigkeit der Schulen. Wie die PISA-Studie zeigt, erzielen Kinder an Schulen mit größerer Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit deutlich bessere Leistungen. Denn wer eigene Entscheidungshoheit bei Organisation, Budget, Profilbildung und Personal besitzt, übernimmt auch engagiert Verantwortung und kann für beste Ergebnisse sorgen. Daher sollen Schulen selbst über ihren Haushalt, ihr Profil und ihr Personal entscheiden können. Einheitliche Bildungsstandards geben das Ziel vor, sich am Niveau der besten Bildungseinrichtungen der Welt zu orientieren. Ob die einzelne Schule sie erreicht, wird geprüft und transparent gemacht.

Wir Freie Demokraten fordern eine Unterrichtsgarantie für unsere Schülerinnen und Schüler. Überall in Deutschland fallen Hunderte Schulstunden aus. Aber nur dann, wenn der Unterricht auch stattfindet, können unsere Schülerinnen und Schüler weltbeste Bildung erhalten. Daher setzen wir uns für eine Unterrichtsgarantie ein, die sicherstellt, dass bei besonderen Engpässen das notwendige Personal vorhanden ist, um fachgerechten Unterricht zu gewährleisten. Damit sich das Lehrpersonal auch auf den Unterricht konzentrieren kann, muss außerdem die überbordende Bürokratie an Schulen eingeschränkt werden. (Seite 23)

Wir Freie Demokraten fordern eine gleichwertige Unterstützung der Schulen in freier Trägerschaft. Die Schulen in freier Trägerschaft sind oftmals Motor für pädagogische Reformprozesse und führen die Schülerinnen und Schüler zu den gleichen Abschlüssen wie staatliche Schulen. Allerdings erhalten die Schulen für ihre Arbeit weniger Geld pro Schülerin und Schüler als die staatlichen Schulen. Im Rahmen eines fairen Wettbewerbs aller Schulen miteinander fordern wir für die Schulen in freier Trägerschaft die gleiche Anerkennung und finanzielle Unterstützung wie für die staatlichen Schulen. Im Gegenzug sorgt ein Aufnahmegebot für die Schulen für gleiche Zugangschancen aller Kinder. (Seite 24)

Wir Freie Demokraten fordern bessere Anreize, Auswahl und Ausbildung von Lehrern. Denn weltbeste Bildung braucht weltbeste Lehrer. Nur mit den richtigen Anreizen wählen engagierte und motivierte junge Menschen den Lehrerberuf. Das bedingt beste Rahmenbedingungen und unsere Wertschätzung. Dazu gehört auch, bessere Lehrer besser zu bezahlen. In der Ausbildung setzen wir auf Fachlichkeit, Praxisnähe und eine Stärkung der Diagnosefähigkeit. Durch eine frühe Praxisphase sollen Studierende rechtzeitig erkennen, ob der Beruf zu ihnen passt und was sie im Alltag vor der Klasse wirklich brauchen. Wir fordern eine bewertete Praxisphase mit Beratung über Perspektiven zum Berufswechsel, wenn erkennbar ist, dass jemand nicht für den Lehrberuf geeignet ist. In der Ausbildung sollen die angehenden Lehrerinnen und Lehrer auf die fortschreitende Digitalisierung und Internationalisierung vorbereitet werden. Ferner wollen wir die Rahmenbedingungen für einen Quereinstieg in den Lehrerberuf verbessern. Hierzu fordern wir berufsbegleitende Aufbaustudiengänge und Ressourcen zur Betreuung der Quereinsteiger in den Schulen durch erfahrene Lehrkräfte. Den Schulleitungen vor Ort wollen wir mehr Entscheidungsfreiheit über die Einstellung von Quereinsteigern geben. Eine regelmäßige Fortbildung für Lehrkräfte soll verpflichtend sein. (Seite 27)

Wir Freie Demokraten setzen uns für eine bessere Bezahlung und Ausbildung des Kita-Personals ein. Kitas sollen unsere Kinder fördern und nicht nur aufbewahren und betreuen – das Motto „sicher, sauber, satt“ ist zu anspruchslos. Stattdessen sollen auch Sport- und Musikangebote sowie Ergotherapie in den Kita-Betrieb integriert werden. Dafür sind Fachkräfte nötig, die zur Anregung und Entwicklung von Kindern ausgebildet sind, die deren Probleme erkennen und Talente fördern. Für diese wichtige Aufgabe müssen Erzieherinnen und Erzieher entsprechend qualifiziert sein und sollten dafür auch angemessen bezahlt werden. (Seite 28)

Wir Freie Demokraten sind der Ansicht, dass Hochschulen nachgelagerte Studienbeiträge erheben dürfen sollen. Studienbeiträge sind für uns gerecht, solange sie erst nach dem Abschluss erhoben und einkommensabhängig gezahlt werden, sodass Generationen von ehemaligen Studierenden über einen umgekehrten Generationenvertrag zur Verbesserung der Studienbedingungen beitragen. Mit Studienbeiträgen können Hochschulen schneller modernisiert und die Studienbedingungen verbessert werden. Studierende selbst haben aber in der Regel wenig Geld und dürfen daher nicht während des Studiums finanziell belastet werden. Nach dem Studium verdienen sie allerdings meistens mehr und finden schneller Arbeit als Menschen ohne Hochschulzeugnis. Studienbeiträge dürfen erst nach Überschreiten einer angemessenen Einkommensschwelle fällig werden. Gezahlte nachgelagerte Studienbeiträge sind bei der Einkommensteuer als Werbungskosten anzuerkennen. Studienbeiträge dürfen weder direkt noch indirekt (etwa als Kürzungen im Hochschulbereich) in den allgemeinen Etat der Bundesländer fließen. Sie müssen als zusätzliche Finanzierungsmittel für die Lehre an der besuchten Hochschule verbleiben. Über die Verwendung dieser Gelder soll in einem Gremium entschieden werden, in dem alle Statusgruppen vertreten sind. (Seite 35)

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

Integrationspolitik und Asyl
Die FDP…

  • setzt sich für die Einführung eines Einwanderungsgesetzes ein.
  • will Asylbewerber in individuell politisch Verfolgte, Kriegsflüchtlinge und dauerhafte Einwanderer unterscheiden.
  • fordert von Migranten, dass sie sich mit unserer Gesellschaft identifizieren.
  • hält die doppelte Staatsbürgerschaft für möglich.
  • will, dass mehr ausländische Berufs- und Bildungsabschlüsse anerkannt werden.

Wir Freie Demokraten wollen ein geordnetes Einwanderungsrecht schaffen, das nach Möglichkeit in einem Einwanderungsgesetzbuch zusammengefasst wird. Dabei muss zwischen individuell politisch Verfolgten, Kriegsflüchtlingen und dauerhaften Einwanderern klar unterschieden werden. Das Grundrecht auf Asyl für individuell politisch Verfolgte ist für uns unantastbar. Für Kriegsflüchtlinge wollen wir einen eigenen Status schaffen, einen vorübergehenden humanitären Schutz, der auf die Dauer des Krieges begrenzt ist. Nach Identitätsfeststellung soll dieser Status unkompliziert verliehen und damit das Asylsystem massiv entlastet werden. Kriegsflüchtlinge sollen dabei nach Beendigung des Krieges in der Regel in ihr Heimatland zurückkehren. Dauerhafte Einwanderer wollen wir uns wie jedes andere Einwanderungsland selbst aussuchen. Deutschland ist auf die Einwanderung von qualifizierten und fleißigen Menschen angewiesen, wenn wir unseren Wohlstand auch zukünftig erhalten wollen. Dazu wollen wir die Blue Card reformieren, sodass Arbeitskräfte zu uns kommen können, die aufgrund eines mit einem in Deutschland ansässigen Arbeitgeber abgeschlossenen Arbeitsvertrags ihren Lebensunterhalt dauerhaft bestreiten können. Zudem wollen wir ein Punktesystem schaffen, bei dem sich Menschen aus aller Welt aufgrund ihres Bildungsgrades, Alters, ihrer Sprachkenntnisse und beruflichen Qualifikation um eine Einwanderung nach Deutschland bewerben können. Dabei ist auch Flüchtlingen, die sich entsprechend integriert haben, ein Rechtskreiswechsel und damit eine Einwanderungschance zu ermöglichen. Natürlich nur, wenn sie dieselben Kriterien erfüllen wie Fachkräfte aus dem Ausland. (Seite 68)

Wir Freie Demokraten wollen, dass Deutschland ein Einwanderungsgesetz und endlich auch ein modernes Staatsbürgerschaftsrecht aus einem Guss bekommt – so wie andere erfolgreiche Einwanderungsländer auch. Die bestehenden Herausforderungen in der Integration bestärken uns in dieser Überzeugung. Viel zu lange haben Konservative genauso wie die politische Linke die Notwendigkeit verbindlicher Integration ignoriert. Konservative wollten keine verbindliche Integration, weil sie nicht anerkannt haben, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Linke verweigerten Integration, weil sie in dem naiven Glauben verharrten, jeder Einwanderer sei per se eine Bereicherung und Integration gelinge von allein. Beides war eine gravierende Fehleinschätzung. Wir Freie Demokraten treten für verbindliche Integration ein, mit dem Ziel, dass Einwanderer zu Verfassungspatrioten werden und sich mit unserer offenen Gesellschaft identifizieren. Wir Freie Demokraten wollen, dass die doppelte Staatsangehörigkeit grundsätzlich möglich ist. Deshalb soll die deutsche Staatsbürgerschaft nicht mehr bei Annahme einer weiteren Staatsbürgerschaft eines anderen Staates aberkannt werden, sondern nur auf Antrag des Betroffenen. Einwanderer müssen zu deutschen Staatsbürgern werden können, ohne ihre Wurzeln und etwa Eigentum in ihrem Herkunftsland aufgeben zu müssen. Für eine Einbürgerung muss es verbindliche Bedingungen und ein klares Regelwerk geben. Voraussetzungen sind insbesondere gute Sprachkenntnisse, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis seit mindestens vier Jahren, die eigene Sicherung des Lebensunterhaltes der Familie, Straflosigkeit, ein bestandener Einbürgerungstest und vor allem das uneingeschränkte Bekenntnis zur Rechtsordnung unseres Grundgesetzes. Für uns Freie Demokraten ist klar: Die Einbürgerung soll gleichermaßen Motivation und Ziel des Einbürgerungsprozesses sein. Die doppelte Staatsbürgerschaft soll wie bisher auch durch Geburt in Deutschland erworben werden können, allerdings bis maximal durch die Enkel der Ersteingebürgerten. Dies schafft auch Kohärenz zur Regelung bei Auswanderern. Grundsätzlich sollen alle Herkunftsländer außerhalb der Europäischen Union im Staatsbürgerschaftsrecht gleichbehandelt werden. Deutsche, welche aus rechtlichen Gründen ihre zweite Staatsbürgerschaft nicht ablegen können, müssen ihre deutsche Staatsbürgerschaft behalten können. Mehrfachstaatsbürgerschaften sind zudem von den Meldebehörden zu registrieren. (Seite 69)

Wir Freie Demokraten wollen die Anerkennung ausländischer Berufs- und Bildungsabschlüsse beschleunigen. Denn ein schneller Zugang zum Arbeitsmarkt ist doppelt wichtig: Er ist ein Grundpfeiler für eine gelungene Integration und führt dem deutschen Arbeitsmarkt dringend benötigte Fachkräfte zu. Wer als Flüchtling in Deutschland anerkannt ist oder über die gesteuerte Fachkräfte-Einwanderung nach Deutschland kommen möchte, soll daher schnell erfahren, was sein Abschluss hierzulande zählt. Bei der Anerkennung vergeht aber immer noch zu viel Zeit, weil es sehr viele Einzelvorschriften und unterschiedliche Zuständigkeiten von Bund und Ländern gibt. Das wollen wir ändern, indem wir unter anderem durch mehr Personal die Verwaltungspraxis beschleunigen und die bundesweite Vergleichbarkeit von ausländischen Abschlüssen sicherstellen. Zudem sollen Eingewanderte und potenzielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber einen Rechtsanspruch auf vorherige Beratung erhalten, sodass ihnen der Weg zur Anerkennung ihres Abschlusses konkret aufgezeigt wird. Gerade jene Flüchtlinge, die über eine dauerhafte Bleibeperspektive verfügen, müssen auch schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten. Arbeitsverbote und andere Markteintrittsbarrieren wie Vorrangsprüfungen für Deutsche sind daher aufzuheben. Außerdem wollen wir für Flüchtlinge eine Ausnahme vom gesetzlichen Mindestlohn, wie für Langzeitarbeitslose, einführen. (Seite 70)

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

Sicherheit

Die FDP…

  • fordert eine bessere Ausstattung von Polizei und Justiz beim Personal, Ausrüstung und Technik.
  • möchte, dass sich Polizisten weniger mit Büroarbeit aufhalten und verstärkt auf die Verbrechensbekämpfung konzentrieren.
  • findet, dass zwischen den Sicherheitsbehörden ein vermehrter Informationsaustausch erfolgen sollte.
  • ist strikt gegen eine flächendeckende Videoüberwachung.
  • fordert Entschlossenheit und Zusammenhalt beim Kampf gegen den internationalen Terrorismus.

Wir Freie Demokraten fordern Haushaltspriorität für Polizei und Justiz. Für diese beiden klassischen Hoheitsaufgaben des Staates muss deutlich mehr Geld zur Verfügung stehen. Zusammen mit Bildung, Wissenschaft und Infrastruktur müssen sie Vorrang vor ideologischen und teuren Prestigeprojekten haben, die viel Geld kosten, aber für die Menschen nichts bewirken. Ein Staat, der sich in Kleinigkeiten verzettelt, aber seine Kernaufgaben vernachlässigt, verliert seine Handlungsfähigkeit. Das hat auch Folgen für den Rechtsstaat: Ermittlungen werden wegen Arbeitsüberlastung eingestellt, und die Verfahrensdauer steigt. Es ist höchste Zeit für ein Umdenken bei Bund und Ländern. Wir Freie Demokraten sind überzeugt: Eine vernünftige Personal- und Sachausstattung von Polizei und Justiz ist die effektivste Waffe im Kampf gegen Verbrecher. (Seite 78)

Wir Freie Demokraten wollen die Sicherheitsbehörden von Nebensächlichkeiten entlasten. Ihre Tätigkeit unterziehen wir einer umfassenden Aufgabenkritik. So muss insbesondere die Polizei den nötigen Freiraum für ihre zentralen Aufgaben bekommen – den Schutz von Leib, Leben und Eigentum der Bürgerinnen und Bürger. An vielen Stellen der Polizeiarbeit ist Entbürokratisierung und Entlastung möglich: Man könnte den Bluttest bei unfallfreien Fahrten unter Alkoholeinfluss abschaffen, Cannabis kontrolliert freigeben oder bei Ruhestörungen, Verkehrsunfällen ohne Verletzten, der Begleitung von Schwertransporten und dem Objektschutz die Zuständigkeit auf andere Behörden verlagern. Alle diese Wege wollen wir prüfen. Gleiches gilt für die sogenannten „Victimless Crimes“, also Straftaten ohne Geschädigten. Hier ist zu klären, ob eine Strafverfolgung überhaupt notwendig ist. Zudem werden wir das ständig wachsendeVerwaltungs- und Wirtschaftsstrafrecht in den Blick nehmen. Dieser Trend ist zu stoppen und möglichst umzukehren. (Seite 79)

Die Sicherheitsbehörden brauchen eine effizientere Kontrolle. Denn auch für sie darf es keine rechtsfreien Räume geben. Deshalb wollen wir das parlamentarische Kontrollgremium und die sogenannte G 10-Kommission stärken. Dem Kontrollgremium wird ein Parlamentarischer Geheimdienstbeauftragter zur Seite gestellt, den der Deutsche Bundestag wählt und der die Ermittlungsarbeit übernimmt. Beide – Kontrollgremium und Beauftragter – erhalten ausreichend Sach- und Personalmittel, um ihre Kontrollfunktion professionell zu erfüllen. Ihnen ist jederzeit ohne Anmeldung ungehinderter Zugang zu den Geheimdiensten sowie freie Akteneinsicht vor Ort zu gewähren. Zudem soll das Kontrollgremium bei Bedarf nach dem Vorbild des Verteidigungsausschusses mit den Rechten eines Untersuchungsausschusses ausgestattet werden und auf Antrag von mindestens einem Viertel seiner Mitglieder Geheimdienstmitarbeiter vorladen können. Ihm dürfen künftig keine Auskünfte mehr verweigert werden. Dazu gehört auch die vollständige Information über die Zusammenarbeit des Bundesnachrichtendienstes mit ausländischen Diensten. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) soll unrechtmäßige Maßnahmen zur Anzeige bringen sowie durch Beschluss die Veröffentlichung vertraulicher Dokumente anordnen können. Dem Kontrollgremium sollen zudem nicht nur Innenpolitiker, sondern auch Mitglieder des Auswärtigen- und des Verteidungsausschusses angehören. Die Zuständigkeit der G 10-Kommission wollen wir auf die gesamte Überwachung der Telekommunikation – auch außerhalb Deutschlands – ausweiten. Diese Maßnahmen richten sich nicht gegen die Geheimdienste, sondern stärken die Legitimation für ihre Arbeit. Denn die Privatsphäre unbescholtener Bürgerinnen und Bürger sowie die Betriebsgeheimnisse rechtstreuer Unternehmen müssen vor Ausspähung sicher sein. Ein Staat, der seinen Bürgern die rechtliche Kontrolle seiner Handlungen verwehrt und ihnen Freiheitseinschränkungen verschweigt, verstößt unserer Meinung nach gegen fundamentale Prinzipien des Rechtsstaates. Daher sollte jeder EU-Bürger so schnell wie möglich, aber in jedem Fall nach spätestens 30 Jahren, von gegen ihn gerichteten Überwachungsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt werden und ihm wieder der reguläre Rechtsweg offenstehen. (Seite 80)

Wir Freie Demokraten wollen Videoüberwachung verantwortungsvoll einsetzen. Die Ausweitung der Videoüberwachung ist ebenso wenig ein Allheilmittel wie ein geeignetes Mittel zur Terrorabwehr. So wäre durch Videokameras der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin zwar nicht zu verhindern gewesen, doch sind Videoaufzeichnungen in der Nachbereitung eines Anschlags und zur Verfolgung flüchtiger Täter durchaus hilfreich. Die FDP plädiert deshalb dafür, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob von der Installation weiterer Videoüberwachungstechnik ein signifikanter Sicherheitsgewinn oder eine deutlich verbesserte Möglichkeit der Verfolgung von drohenden Straftaten zu erwarten ist. Eine flächendeckende Videoüberwachung lehnen wir ab. Voraussetzung für den Einsatz von Aufzeichnungsgeräten ist, dass sich Aufzeichnungen nach einem kurzen Zeitraum der Sicherung (zum Beispiel 48 Stunden) automatisch überschreiben, sodass sie nicht mehr rekonstruierbar sind, wenn bis dahin kein nachvollziehbarer Grund für eine dauerhafte Sicherung gegeben ist, etwa wegen der Verwendung in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder zu Fahndungszwecken. Der Schwerpunkt sollte darauf liegen, veraltete Videotechnik, die aufgrund der schlechten Qualität keine verwertbaren Bilder von Straftaten liefert, zu ersetzen. Die Tendenz, mehr Videoüberwachung durch private Stellen zuzulassen, um die so gewonnenen Aufzeichnungen für staatliche Zwecke dienstbar machen zu können, sieht die FDP kritisch. (Seite 81)

Wir Freie Demokraten wollen eine bessere internationale Kooperation zur Terrorismusbekämpfung. Der internationale Terrorismus macht nicht vor Ländergrenzen halt und ist das Problem der gesamten Staatengemeinschaft. Daher ist es auch nicht nur Aufgabe weniger Länder, dieser Bedrohung entgegenzutreten. Die internationale Gemeinschaft muss hier zusammenstehen. Der für die Terrorabwehr notwendige Datenaustausch und die konsequente Zusammenarbeit der Geheimdienste muss deshalb organisiert werden. Außerdem sind die europäischen Gremien wie Europol und das Amt des Anti-Terror-Koordinators der Union aufzuwerten. Europol soll zu diesem Zweck zu einer EU-Bundespolizei ausgebaut und ein EU-Nachrichtendienst gegründet werden, welche beide dem EU-Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig sind. Zudem muss durch eine Stärkung von Eurojust die Kooperation auf der Ebene der Staatsanwaltschaften und Gerichte gestärkt werden, um auch schneller und effektiver zu Urteilen kommen zu können. Nur so kann der Rechtsstaat klare Antworten geben. Wichtig ist, dass ein Austausch nicht zur anlasslosen und verdachtsunabhängigen Überwachung aller EU-Bürgerinnen und EU-Bürger missbraucht wird. Eine Verschärfung des deutschen Waffenrechts lehnen wir ab, weil sie nicht mehr Sicherheit bringt. Es geht darum, die Rechte aller Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Wir Freie Demokraten haben erkannt, dass der Kampf gegen den internationalen islamistischen Terrorismus wie gegen den sogenannten Islamischen Staat und Al-Qaida eine globale Herausforderung darstellt. Um dieser Bedrohungslage entschlossen entgegenzutreten, ist es notwendig, eng mit ausländischen Nachrichtendiensten zu kooperieren, die finanzielle Basis von Terrorgruppierungen zu zerschlagen und an rechtlich legitimierten Militärmaßnahmen mitzuwirken. Gleichzeitig müssen regionale Kräfte, die sich gegen islamistische Terrorgruppierungen stellen, gestärkt und mit Beratung, Ausbildung und Ausrüstung unterstützt werden.

Wir Freie Demokraten fordern wirksame Maßnahmen gegen den radikalen Salafismus, einer ultrakonservativen Glaubensrichtung innerhalb des Islams. Dabei setzen wir auch auf die Kooperation mit all jenen Musliminnen und Muslimen und entsprechenden Verbänden, die Intoleranz, Gewalt und religiösen Extremismus bekämpfen wollen. Unser Ziel ist ein flächendeckendes Vorgehen, das Repression und Prävention vereint. Voraussetzung ist eine intensivere Beobachtung gewaltbereiter salafistischer Extremisten durch den Verfassungsschutz. Auf Grundlage der erzielten Erkenntnisse muss alles rechtlich Mögliche unternommen werden, um salafistische Bestrebungen effektiv zu unterbinden: Versammlungs- und Vereinsverbote, konsequente Strafverfolgung, Aus- und Wiedereinreisebeschränkungen für Gefährder sowie deren gezielte Überwachung, beispielsweise mittels elektronischer Fußfessel. Um der Radikalisierung junger Menschen entgegenzuwirken, darf salafistischer Propaganda kein Raum bleiben. Deshalb braucht es eine umfassende Prävention in Schulen, Moscheen, Jugendzentren, aber auch in Internetforen und sozialen Netzwerken. Die bisherigen Bemühungen und Investitionen sind dafür bei Weitem nicht ausreichend. Insbesondere im Bereich der sozialen Medien muss mehr Aufklärungsarbeit geleistet werden, welche die jungen Menschen niedrigschwellig erreicht. Der sogenannte Islamische Staat investiert ein Vielfaches dessen, was der Staat an Gegenmaßnahmen ergreift. Die Ausbildung von Multiplikatoren und Fachkräften zur Erkennung und Verhinderung der Radikalisierung muss verstärkt werden. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Einbindung geläuterter Rückkehrer und Aussteiger in die Aufklärungsarbeit. Sie können authentisch von ihren Erlebnissen, den falschen Versprechungen und der Realität im Islamischen Staat berichten. Auch die mittlerweile zahlreichen betroffenen Eltern radikalisierter junger Menschen sollten in die Aufklärungsarbeit einbezogen werden. Mit besseren Bildungschancen und einer stärkeren Wertevermittlung kann dem Salafismus ebenfalls der Nährboden entzogen werden. (Seite 113 bis 115)

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

Arbeit und Soziales
Die FDP…

  • will einen Gründergeist für Deutschland. Eine zentrale behördliche Anlaufstelle für Gründer soll eingerichtet, bürokratische Hürden abgeschafft, Wagniskapital bereitgestellt werden.
  • lehnt zusätzliche Einschränkungen und Befristung der Zeitarbeit ab. Bestehende Regulierungen will sie abbauen.
  • möchte Ladenöffnungszeiten flexibilisieren, es soll kein Sonntag-Verbot geben.
  • will mehr Frauen in Führungpositionen. Das soll erreicht werden mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und digitalen Arbeitsplätzen, eine Frauen-Quote wird hingegen abgelehnt.
  • setzt sich für ein flexibles Renteneinstiegsalter ein. Wer länger arbeitet, erhält mehr Rente.
  • möchte ein sogenanntes Liberales Bürgergeld einführen. Arbeitslosengeld, Grundsicherung im Alter, Sozialhilfe, Kinderzuschlag und Wohngeld sollen in dieser Leistung zusammengefasst werden.
  • fordert die Öffnung der Ehe für alle, mit vollem Adoptionsrecht.
In einer Zeit der Veränderungen erkennen Newcomer häufig schneller die Chancen, die darin verborgen sind. Sie sollten daher ermutigt werden, ihre Ideen in die Tat umzusetzen. Dazu wollen wir die Gründerkultur in Deutschland stärken.Wir Freie Demokraten wollen eine Kultur des Gründergeistes und der Risikobereitschaft fördern. Dafür möchten wir wirtschaftliches Grundwissen durch die flächendeckende Einführung eines Schulfachs „Wirtschaft“ schon in der Schule stärken, die Finanzierung von Unternehmensgründungen erleichtern und dafür sorgen, dass auch im Scheitern immer die Chance für etwas Neues liegt. Wir wollen Bürokratie abbauen, damit sich junge Unternehmen auf ihr Geschäft konzentrieren können statt auf Formulare. Behördengänge für Gründer müssen so weit reduziert werden, dass eine Gründung an einem einzigen Werktag und online möglich ist. Hierzu braucht es eine zentrale behördliche Anlaufstelle für Gründer. Neben der Herstellung einer schnellen Geschäftsfähigkeit von Gründungen möchten wir deshalb zum Beispiel ein bürokratiefreies Jahr für Start-ups schaffen. Zudem sollen auch nebenberufliche Gründungen oder Gründungen aus der Elternschaft heraus erleichtert werden. Sie machen etwa ein Fünftel aller Gründungen aus und bieten großes Potenzial. Zudem sollen Gründerinnen und Gründer nicht schon Steuern zahlen, bevor die ersten Umsätze oder Gewinne überhaupt angefallen sind. Bei der Gewerbesteuer kann durch die sogenannten Hinzurechnungsbestimmungen eine Steuerlast auch dann entstehen, wenn keine Gewinne erwirtschaftet sind. Wir wollen deshalb in den ersten drei Jahren nach Gründung den Freibetrag bei der Gewerbesteuer verdoppeln, dabei soll der Freibetrag für Kapitalgesellschaften dem für Personengesellschaften entsprechen. Denn Gründerinnen und Gründer schaffen Zukunft. Sie schaffen Arbeitsplätze für sich selbst und andere. Sie schaffen Innovation und sorgen damit für Dynamik in der gesamten Wirtschaft und Gesellschaft. Wir Freie Demokraten wollen zudem Gründungen und Kleinstunternehmen von einem Zwang zu möglicher Mehrfach-Kammerzugehörigkeit befreien. Weiterhin sind Unternehmer im Nebenerwerb unterhalb eines Gewerbeertrages von 10.000 Euro jährlich (Grundfreibetrag) von Kammerbeiträgen zu entlasten.

Wir wollen durch ein Venture-Capital-Gesetz die steuerlichen Rahmenbedingungen für Wagniskapital in Deutschland verbessern. Denn die jungen Unternehmen in Deutschland stehen alle vor derselben Herausforderung: Spätestens nach dem Markteintritt fehlt es an Kapital. Wachsen, Nachfolgeprodukte entwickeln und sich internationalisieren können die Unternehmen nur mit entsprechender Finanzspritze. Eine klassische Bankfinanzierung kommt aber für Start-ups häufig nicht infrage. Diese Lücke schließt Wagniskapital. Internationale Erfahrungen zeigen, dass Wagniskapitalgeber ihre Investitionsentscheidungen nach einer regionalen Bezogenheit treffen: Sie investieren am liebsten dort, wo sie ihren Sitz haben. Deshalb wollen wir ein Venture-Capital-Gesetz, das umfassend und ganzheitlich beste Bedingungen für Wagniskapital in Deutschland schafft, und zwar auch und gerade im Steuerrecht. Als entscheidende Punkte im steuerrechtlichen Bereich in diesem Venture-Capital-Gesetz sehen wir den Abbau der Substanzbesteuerung – wie etwa bei den Hinzurechnungsvorschriften in der Gewerbesteuer, eine transparente Besteuerung für Venture-Capital- Gesellschaften, eine faire Besteuerung von Investoren, die sich von ihrer Beteiligung trennen, ein Ende der (steuerlichen) Diskriminierung von Eigenkapital gegenüber Fremdkapital, die steuerliche Anrechenbarkeit von Investitionen in Unternehmen, eine Vereinheitlichung der gesetzlichen Rahmenbedingungen mindestens innerhalb der EU, keine Einschränkungen bei Verlustvorträgen, die Bilanzierbarkeit von Investitionen in eigene Intellectual Property und die Liberalisierung bei den Kapitalsammelstellen, damit privates Anlagekapital stärker genutzt werden kann. Aber auch institutionellen Anlegern soll es erleichtert werden, mit Wagniskapital in Start-ups zu investieren: Pensionskassen, Versorgungskassen und Versicherungen in Deutschland wollen wir daher die Finanzierung von Startups nach dem Vorbild des „Zukunftsfonds Schweiz“ ermöglichen. Durch entsprechende Risikobündelung kann Venture-Capital an zukunftsträchtige, junge und innovative Unternehmen gegeben werden, die für einzelne Fonds zu riskant wären.

Wir Freie Demokraten setzen uns für flexible Ladenöffnungszeiten ein. In unserer modernen, digitalisierten Lebensrealität erscheinen feste gesetzliche Öffnungszeiten antiquiert. Damit es nicht mehr nur Online-Anbietern, sondern auch traditionellen Ladengeschäften möglich wird, ihre Waren rund um die Uhr zu verkaufen, setzen wir uns für flexible Ladenöffnungszeiten ein: Jedes Geschäft soll demnach selbst entscheiden können, wann es öffnet und schließt. Das allgemeine Verkaufsverbot für den Einzelhandel an Sonntagen wollen wir aufheben. Wir wollen auch andere Verbote, wie Dienstleistungen an Sonn- und Feiertagen anzubieten, aufheben. (Seiten 39 bis 42)

Vorankommen durch eigene Leistung bedeutet, das Leben selbst in die Hand zu nehmen. Dazu gehört nicht nur, den Menschen ihre Wahlmöglichkeiten zu lassen, damit sie selbstbestimmt ihre eigene Erwerbsbiografie schreiben können. Dazu gehört auch, ihnen mehr Möglichkeiten zu geben, ihre Altersvorsorge und ihren Ruhestand flexibel an ihren Lebensweg anzupassen. Werden wir flexibel! 57 Flexiblerer Übergang in den Ruhestand Wir Freie Demokraten wollen allen Älteren einen flexiblen Übergang in den Ruhestand ermöglichen. Dazu wollen wir ein politisch festgelegtes Renteneintrittsalter und die Hinzuverdienstgrenzen abschaffen. Ob 63, 67 oder sogar 70 – starre Altersgrenzen für den Renteneintritt werden den verschiedenen Lebensentwürfen längst nicht mehr gerecht. Gerade der flexible Renteneintritt schafft den notwendigen Freiraum für die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Viele Ältere sind heute länger fit und aktiv. Sie wollen ihre Erfahrungen weitergeben oder sogar noch mal etwas Neues ausprobieren. Andere wiederum können oder wollen im Alter nicht mehr arbeiten. Daher soll künftig die einfache Regel gelten: Ab 60 entscheidet jeder selbst, wann er in Rente geht. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine entsprechend höhere Rente. Voraussetzung für den früheren Renteneintritt ist nur, dass das Einkommen aus gesetzlicher Rente und sonstiger Altersvorsorge über dem Grundsicherungsniveau liegt – also das Existenzminimum abgesichert ist. In der Folge muss sichergestellt werden, dass die länger arbeitenden Älteren bei der Rentenbesteuerung nicht durch die Erhöhung des zu versteuernden Rentenanteils „bestraft“ werden. Die Grundlagen für die gesetzliche Rente müssen im Osten und Westen unseres Landes gleich sein. Die Höhe der Rente berechnet sich anhand der durchschnittlichen Lebenserwartung der jeweiligen Generation und kann sich über die Jahre verändern. Dieser jahrgangsindividuelle Faktor sorgt für eine solide Finanzierung und einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen. Damit trägt jede Generation ihre eigenen Kosten und bürdet sie nicht den nachfolgenden Generationen auf. Politische Eingriffe in die langfristige Rentenformel lehnen wir ab. Dazu gehört auch eine sogenannte Rentengarantie. Wer sich nicht gleich voll zur Ruhe setzen, sondern noch Teilzeit arbeiten möchte, soll es auch einfacher haben als heute. Momentan müssen noch viele Menschen Rentenkürzungen hinnehmen, wenn sie Teilrente und Teilzeitarbeit kombinieren oder nach dem vollen Renteneintritt doch noch einmal wieder arbeiten wollen. Das macht das Arbeiten im Alter für viele unattraktiv. Deshalb wollen wir alle Hinzuverdienstgrenzen neben dem Rentenbezug abschaffen. So kann jeder den Übergang in den Ruhestand so flexibel gestalten, wie er möchte. Und auch die ständigen Diskussionen über die Anhebung des fixen Renteneintrittsalters erübrigen sich. Unabhängig davon setzen wir uns für eine Stärkung der Erwerbsminderungsrenten ein. Die aktuellen Änderungen der Bundesregierung sind keine wirksame Lösung. Denn wer nach Jahren der Beitragszahlung durch einen Schicksalsschlag erwerbsunfähig wird, darf nicht zum Sozialfall werden. (Seiten 56 bis 58)

Für uns Freie Demokraten sind der Wille zum Erfolg und der Mut zum Scheitern zwei Seiten einer Medaille. Deshalb wollen wir jedem Menschen eine zweite Chance ermöglichen, wenn er wirtschaftlich oder persönlich gescheitert ist. Ein Scheitern oder das Drohen desselben kann viele Gründe haben: die Entwertung von Qualifikationen im Strukturwandel, unternehmerischer Misserfolg, das Scheitern privater Lebensentwürfe, Krankheit oder längerfristige Arbeitslosigkeit. Wir wollen jeden befähigen, immer wieder einzusteigen. Wer erwerbsfähig ist und die Teilhabe an Arbeit verloren hat, sollte nicht dauerhaft alimentiert werden, sondern Hilfe zu einer erneuten Chance auf Teilhabe erhalten. Dies ist eine zentrale Frage von Fairness. Ziel muss es immer sein, schnellstmöglich wieder den Einstieg in einen Job zu finden. Und wenn es aufgrund der persönlichen Situation sinnvoll ist, die Arbeitslosigkeit als Gelegenheit zur besseren Qualifikation zu nutzen, ist das richtig – und heute mit dem „Arbeitslosengeld Weiterbildung“ auch schon vollständig möglich. Eine Verlängerung der Bezugsdauer von ALG I ist hingegen kontraproduktiv. Denn nur wer den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geschafft hat, kann auch aufsteigen und vorankommen. Ob Einstieg oder Wiedereinstieg: Wir verteidigen einen flexiblen Arbeitsmarkt und die Tarifautonomie und dürfen etwa die Zeitarbeit oder Befristungen nicht weiter einschränken. Flexibilität am Arbeitsmarkt schafft nicht nur Möglichkeiten zum Einstieg, sondern reduziert auch Arbeitsplatzverluste in Krisen. Darüber hinaus setzen wir uns für ein Gesamtkonzept zum Empowerment für Erwachsene ein. Elemente dieses Gesamtkonzepts sind die Möglichkeit zur Um- und Neuqualifizierung, Hilfen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine effektive Schuldnerberatung und erforderlichenfalls psychosoziale Betreuung (zum Beispiel bei Suchterkrankungen). Notwendig ist es, künftig einfacher auch Grundfertigkeiten unserer Zeit (IT-Grundlagen, Englisch) fördern zu können und bei abschlussorientierten Umschulungen Bürokratie abzubauen, gerade, um nachholende duale Berufsausbildungen zu erleichtern. Zudem sollten hierbei spezielle Regelungen gefunden werden, damit auch Menschen ohne berufliche Qualifikation die finanzielle Chance haben, Helfertätigkeiten hinter sich zu lassen. Darüber hinaus müssen Kitas auch deshalb endlich flexibler und verlässlicher werden, damit gerade Alleinerziehende nicht mehr in so großer Zahl dauerhaft auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen sind.

Wir Freie Demokraten wollen überflüssige Regulierungen bei der Zeitarbeit abbauen. Denn Deutschland braucht auch in Zukunft einen flexiblen Arbeitsmarkt. Die Weltwirtschaft verändert sich schnell. Durch die Digitalisierung nehmen Projektaufträge zu. Darauf müssen Unternehmen flexibel reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Zeitarbeit ist hierfür ein wichtiges Instrument. Die Unternehmen können damit Auftragsspitzen abfangen oder kurzfristig spezialisierte Fachkräfte finden. Zugleich profitieren die Beschäftigten von der Zeitarbeit. So erhalten viele Menschen eine Einstiegschance am Arbeitsmarkt. Das zeigen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ganz klar: Rund zwei Drittel aller Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer übten vorher keine Beschäftigung aus. Jeder Vierte hat keinen Berufsabschluss. Für gut Ausgebildete kann die Zeitarbeit in der digitalen Welt zudem neue Wege eröffnen – zwischen Selbstständigkeit und der jahrelangen Arbeit für nur ein Unternehmen. Missbrauch ist in den vergangenen Jahren erfolgreich unterbunden worden: Die Tarifpartner haben bereits Lösungen gefunden, damit der Lohn der Zeitarbeitenden bei längeren Einsätzen an den der Stammbelegschaft angeglichen wird (Equal Pay). Trotzdem hat die Große Koalition hier bürokratisiert. Die unnötigen gesetzlichen Vorschriften zur Überlassungsdauer und Entlohnung führen zu Unsicherheiten und Aufwand. Dies wollen wir ändern.

Wir Freie Demokraten setzen uns für mehr Transparenz und für die Vereinfachung bei den steuerfinanzierten Sozialleistungen ein. Aktuell gibt es viele verschiedene Sozialleistungen mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Diese Leistungen sind oft nicht ausreichend aufeinander und mit dem Steuersystem abgestimmt. Wem welche Leistungen zustehen, ist für die Betroffenen und auch für die Verwaltung oft nicht klar. Das System ist schwer durchschaubar und bestraft sogar teilweise die Arbeitsaufnahme. Beispielweise, wenn durch den Wegfall einer ergänzenden Sozialleistung am Ende trotz Arbeit weniger Geld übrigbleibt. Wir Freie Demokraten setzen uns deshalb für die Einführung eines liberalen Bürgergeldes ein. Dabei werden steuerfinanzierte Sozialleistungen, wie beispielsweise die Regelleistung und die Unterkunftskosten des Arbeitslosengelds II, die Grundsicherung im Alter, die Sozialhilfe zum Lebensunterhalt, der Kinderzuschlag und das Wohngeld, in einer Leistung und an einer staatlichen Stelle zusammengefasst. Das liberale Bürgergeld macht es für alle Menschen, die auf die Hilfe der Gesellschaft angewiesen sind, einfacher und lässt sie nicht länger von Amt zu Amt rennen. Auch die Arbeitsaufnahme lohnt sich mehr, als das heute der Fall ist. Selbstverdientes Einkommen soll nur prozentual und geringer als heute angerechnet werden. Wir wollen eine trittfeste Leiter in die finanzielle Eigenständigkeit bauen: Gerade Menschen, die es am Arbeitsmarkt schwer haben, gelingt über eine Teilzeittätigkeit im Rahmen eines Mini- oder Midijobs oft der erste Schritt. Gerade für Menschen im heutigen Arbeitslosengeld II („Hartz-IV-Aufstocker“) lohnt es sich jedoch kaum, mehr Stunden zu arbeiten und so mehr zu verdienen. Denn die Zuverdienstregelungen sind demotivierend und werfen den Menschen Knüppel zwischen die Beine. Deshalb wollen wir diese in einem ersten Schritt reformieren. Es muss insbesondere attraktiver werden, vom Mini- in den Midijob zu wechseln und dort die Stundenzahl immer mehr auszuweiten. Das ist der zentrale gesetzgeberische Hebel beim Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit, den wir endlich ziehen müssen. Ziel ist, dass es sich wieder lohnt, Schritt für Schritt voranzukommen und irgendwann finanziell ganz auf eigenen Beinen zu stehen. Deshalb setzen wir Freie Demokraten auf das liberale Bürgergeld, weil sich damit die eigene Anstrengung wieder lohnt. Daher ist das liberale Bürgergeld nicht bedingungslos. Um Minijobs auf Dauer attraktiv zu halten, setzt sich die FDP dafür ein, dass die Minijob-Grenze (heute 450 Euro) auf das 60-fache des gesetzlichen Mindeststundenlohns (das wären heute 530,40 Euro) festgesetzt wird und sich mit ihm dynamisch entwickelt. Die Midijobs sind entsprechend anzupassen.

Wir Freie Demokraten fordern einen Neuanfang in der Arbeitsförderung für Langzeitarbeitslose. Denn eine große Zahl von Personen ist seit sehr langer Zeit arbeitslos und wird von den klassischen Mitteln der Arbeitsförderung nicht mehr erreicht. Wir wollen dazu die bereits vorhandenen finanziellen Mittel in der Grundsicherung für Arbeitslose zusammenfassen, um das Prinzip „Training on the Job“ für Langzeiterwerbslose fruchtbar zu machen und statt Arbeitslosigkeit besser sozialversicherungspflichtige Arbeit für die Betroffenen zu unterstützen. Konkret sollen die finanziellen Leistungen von Bund und Kommunen (Arbeitslosengeld II, Kosten der Unterkunft und Heizung, Krankenversicherungsbeitrag) mit einem produktivitätsgerechten Lohn des Arbeitgebers kombiniert werden. Für den bisher Arbeitslosen bedeutet das einen Job und mehr Einkommen als zuvor. Der Arbeitgeber kann auch Arbeitssuchende mit geminderter Produktivität einstellen. Die bisher zur Verfügung stehenden Mittel zur Arbeitsmarktintegration von Langzeitarbeitslosen werden weiterhin zur begleitenden Förderung berufsspezifischer Kompetenzen und für Maßnahmen der psychosozialen Betreuung verwendet. Wir wissen, dass dieses Konzept Grenzen hat und eine gezielte und präzise Auswahl der Betroffenen voraussetzt. Die Fehler früherer Modelle von Lohnkostenzuschüssen müssen vermieden werden. Wir sehen diesen Weg aber als Möglichkeit eines Einstiegs auf dem ersten Arbeitsmarkt für diejenigen Arbeitslosen, die weder mit Qualifizierungsmaßnahmen und Fallmanagement noch mit Arbeitsanreizen des Bürgergeldes in den ersten Arbeitsmarkt gebracht werden können. (Seiten 62 bis 66)

Beim Vorankommen durch eigene Leistung zählt nur, was man kann. Es darf keinen Unterschied machen, woher man kommt oder welches Geschlecht man hat. Es darf keinen Unterschied beim Vorankommen machen, ob man sich für eine Familie entschieden hat oder nicht. Hier bleibt noch viel zu tun. Strengen wir uns mehr an! Chancengleichheit von Frauen und Männern Wir Freie Demokraten setzen uns für Chancengleichheit von Frauen und Männern ein. Wir wollen, dass jeder Mann und jede Frau passende Rahmenbedingungen vorfinden, um das eigene Potenzial voll zu entfalten und das Leben nach eigener Vorstellung zu gestalten. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Eltern frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können, wollen wir flexible Angebote zur Kinderbetreuung, auch in Betrieben, fördern. Einseitige Modelle, wie die Steuerklasse V, wollen wir abschaffen. Flexibler Arbeitsmarkt für faire Chancen Wir Freie Demokraten fordern einen flexiblen Arbeitsmarkt, der Männern wie Frauen faire Chancen bietet. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, dass das größte Hindernis für „Frauen im Chefsessel“ Pausen im Arbeitsleben oder phasenweise Teilzeit darstellen. Um diese Hürden zu überwinden, setzen wir uns für flexible Arbeitszeitmodelle und digitale Arbeitsplätze ein. So wird zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten möglich, sodass Familie und Job leichter vereinbar sind. Ferner wollen wir Frauen noch stärker ermuntern, klassische Männerbranchen zu erobern, deren Jobs meist besser bezahlt sind als diejenigen, die viele Frauen traditionell ergreifen. So kann die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern verkleinert werden. Genauso müssen gesellschaftliche Hemmnisse abgebaut werden, wenn Männer vermeintliche Frauenberufe ergreifen.

Wir Freie Demokraten wollen mehr Frauen in Führungsverantwortung, sowohl in der Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst. Frauen sind in der Leitung von Unternehmen und anderen Führungspositionen sehr erfolgreich, und gemischte Teams arbeiten produktiver und erfolgreicher. Wir erwarten daher von Unternehmen in Deutschland eine deutliche Verbesserung des Frauenanteils in Führungspositionen und werden uns dafür auch im öffentlichen Dienst einsetzen. Eine gesetzliche Quote lehnen wir jedoch ab: So werden Frauen zu Platzhaltern degradiert und nicht entsprechend ihrer Leistungen gewürdigt. Wir setzen vielmehr auf Anreize für die Unternehmen, verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen. (Seiten 71 bis 72)

Die wichtigsten Entscheidungen sind oft die persönlichsten. Wen wir lieben, wie wir lieben, wie wir leben, wie wir Kinder erziehen und aufziehen – darin müssen alle frei sein. Der Staat und die Gesellschaft können Glück nicht verordnen. Glück kann nur jeder und jede für sich selber finden. Lassen wir jedem diese Freiheit! Öffnung der Ehe Wir Freie Demokraten fordern die Öffnung der Ehe für alle. In der halben EU, den USA, Kanada, Südafrika und selbst in Teilen Mittel- und Südamerikas wurde die gleichgeschlechtliche Ehe bereits anerkannt. In Deutschland stellt man sich jedoch immer noch gegen ein Stück Fortschritt, der für viele gar nichts, aber für manche alles ändert. Wir Freie Demokraten wollen das Prinzip „Gleiche Pflichten, gleiche Rechte“ für alle Paare umsetzen – einschließlich vollem Adoptionsrecht und freiem Zugang zur Reproduktionsmedizin. Der Rechtsrahmen für Regenbogenfamilien muss verbessert werden. Elternschaftsvereinbarungen sollen bereits vor der Empfängnis wirksam geschlossen werden können. Mehr-Eltern-Familien sind Realität und müssen auch bei der rechtlichen Elternschaft abgebildet werden. Wird das Kind mithilfe einer Samenbank gezeugt, so soll die eingetragene Lebenspartnerin der Mutter von Geburt an auch rechtlich zweite Mutter sein können. (Seite 94)

Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

EU und Außenpolitik
Die FDP…
  • bekennt sich zu den transatlantischen Beziehungen zu den USA, zur EU und zur NATO.
  • fordert eine klare Haltung gegen Russland. Russland soll die Besetzung der Krim und den Krieg in der Ostukraine beenden. Geschieht das nicht, sollen Sanktionen aufrechterhalten werden.
  • will die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden.
  • will einen Schutz der EU-Außengrenzen durch die Stärkung von Frontex. Frontex soll eine zentrale Führung, schlagkräftiges Einsatzpersonal und modernste Überwachungs- und Reaktionsmittel erhalten.
  • setzt sich für den Aufbau einer gemeinsamen Europäischen Armee ein.
  • möchte den Freihhandel stärken, nationale Standards jedoch erhalten.
  • Wir Freie Demokraten bekennen uns zu der transatlantischen Partnerschaft. Die transatlantischen Beziehungen, die auch Belastungen aushalten, sind eines der großen friedensstiftenden Elemente in Europa und der Welt. Sie sind aufgrund der vielen Vorteile Kernbestand liberaler Außenpolitik. Die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten hat Fragen aufgeworfen, seine ersten Maßnahmen haben auch Irritationen ausgelöst. Doch aus berechtigter Kritik an der Politik der neuen US-Regierung darf kein Antiamerikanismus werden. Angesichts der Möglichkeit, dass die USA eine weniger aktive globale Rolle spielen könnten, ist aus Sicht der Freien Demokraten die Stärkung der Europäischen Union unabdingbar. Dafür muss die EU mehr denn je ihre Differenzen überwinden, auf Grundlage ihrer gemeinsamen Werte außenpolitische Prioritäten setzen und die eigene sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit stärken. Wir Freie Demokraten wollen, dass Deutschland entsprechend seiner Wirtschaftskraft auch international mehr Verantwortung übernimmt. Nachhaltige internationale Sicherheit kann nur erreicht werden, wenn die Bereiche Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik vernetzt gedacht werden. Deshalb wollen wir, dass Deutschland langfristig drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in internationale Sicherheit investiert. Dazu wollen wir eine schrittweise und nahtlos aufeinander abgestimmte Stärkung des Bundeshaushalts in den Bereichen Außenpolitik, Entwicklung und Verteidigung erreichen. Wir wollen uns auch dafür einsetzen, dass Deutschland selbstbewusst für den Freihandel eintritt, der positive Auswirkungen auf Beschäftigung, Einkommen und Wachstum auf beiden Seiten des Atlantiks hat. Die USA sind einer der wichtigsten Exportmärkte der deutschen Wirtschaft und die transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen ein Motor für globales Wachstum. Vor diesem Hintergrund muss der transatlantische Dialog eine neue außenpolitische Priorität erhalten. Dazu gehören neben zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontakten auch regelmäßige Parlaments- und Regierungskonsultationen mit den USA auf Ministerebene, wie sie schon mit Frankreich, Spanien, Indien, Brasilien und China bestehen. Auf akademischer Ebene sollen neben dem universitären Austausch auch Schüleraustauschprogramme, die seit Jahren rückläufig sind, gestärkt und erweitert werden. Außerdem muss der Fachkräfteaustausch zwischen und innerhalb von Unternehmen durch Visa-Erleichterungen entbürokratisiert und ausgeweitet werden. All diese Maßnahmen schaffen Vertrauen bei gleichzeitigem konkretem Nutzen für die Menschen in beiden Ländern.

    Wir Freie Demokraten fordern die russische Regierung auf, die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim und den Krieg in der Ostukraine unverzüglich zu beenden. Diese verletzen nicht nur das Gewaltverbot nach Art. 2 Ziffer 4 der Charta der Vereinten Nationen, sondern auch die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Zudem beobachten wir die zunehmende Unterdrückung der Opposition und Zivilgesellschaft in Russland mit großer Sorge und treten dafür ein, diese Menschenrechtsverletzungen klar zu benennen und zu verurteilen. Für uns gelten die Prinzipien der europäischen Friedensordnung, zu denen sich auch Russland bekannt hat: die souveräne Gleichheit der Staaten, die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen, die friedliche Beilegung von Konflikten sowie die freie Bündniswahl, Demokratie und Achtung der Menschenrechte. Für uns Freie Demokraten sind diese Prinzipien nicht verhandelbar. Solange Präsident Putin seine Interventionspolitik fortsetzt, müssen daher die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten und eine Wiederaufnahme Russlands in die G8 ausgeschlossen werden. Im Falle einer erneuten militärischen Eskalation müssen die Sanktionen gegen Russland weiter verschärft werden. Im Gegenzug können Sanktionen bei einem substanziellen Einlenken der russischen Regierung gelockert oder aufgehoben werden. Als Nachbarn auf dem europäischen Kontinent sind Deutschland und die EU mit Russland eng verbunden – wirtschaftlich, kulturell und politisch. Gerade in schwierigen Zeiten ist es unerlässlich, miteinander im Gespräch zu bleiben. Ob auf politischer Ebene, wie in der OSZE oder im NATO-Russland-Rat, oder durch zivilgesellschaftliche Kontakte: Dialog schafft Vertrauen, Vertrauen schafft Sicherheit. Mittelfristig muss es unser Ziel sein, über Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen wieder zu einer verlässlichen Partnerschaft mit Russland zu kommen.

    Wir Freie Demokraten bekennen uns uneingeschränkt zur NATO, denn die NATO ist ein konkurrenzlos erfolgreiches Sicherheitsbündnis und soll auch in Zukunft als Garant für unsere Sicherheit stehen. Das bedeutet, dass wir die jüngsten Beschlüsse der Allianz von Wales und Warschau in vollem Umfange mittragen: Stärkung des Abschreckungs- und Verteidigungspositivs der NATO, einhergehend mit gleichzeitigem Dialog mit Russland. Darüber hinaus wollen wir das Atlantische Bündnis stärken und weiterentwickeln. Dazu gehört einerseits die weitere Anhebung des Verteidigungsetats bis 2024, andererseits die Verwendung dieser Mittel in die dringend benötigten Fähigkeiten und Ressourcen, die Deutschland für seine Sicherheit selbst aufbringen muss. Letzteres kommt vorrangig auch der Europäischen Union zugute: Wir wollen dadurch den europäischen Pfeiler in der NATO stärken und damit zur Stärkung der Handlungsfähigkeit der EU beitragen. Zudem wollen wir uns für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen NATO und EU einsetzen. Wir wollen eine Konkurrenz zwischen den europäischen Sicherheitsinstitutionen verhindern. Nur komplementäres Handeln von NATO und EU trägt dazu bei, auf die heutigen und künftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen angemessen reagieren zu können. Deutschland muss seine Verantwortung als europäische Mittelmacht stärker bewusst wahrnehmen. Dies schließt eine stärkere Beteiligung an Einsätzen und Missionen, aber auch an einsatzgleichen Verpflichtungen, wie zum Beispiel der Teilnahme an der NATO Response Force oder an der verstärkten Vornepräsenz im Baltikum und Polen, ein.

    Wir Freie Demokraten wollen die Beitrittsverhandlungen der EU mit der Türkei in der bisherigen Form beenden und die Beziehungen mit der Türkei auf eine neue Grundlage enger sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit stellen. Denn eine von Präsident Erdogan zunehmend autoritär regierte Türkei kann für uns Freie Demokraten kein Kandidat für eine Vollmitgliedschaft in der EU sein. Grundlage für die Mitgliedschaft in der EU sind und bleiben die Kopenhagener Kriterien. Insbesondere die darin geforderten Bedingungen für einen funktionierenden Rechtsstaat erfüllt die Türkei zurzeit eindeutig nicht. Die Türkei ist und bleibt aber als NATO-Mitglied, und als eng mit der EU vernetzter Nachbar, ein unverzichtbarer Partner, so, wie umgekehrt auch die Türkei auf die Kooperation mit der EU angewiesen bleibt. Wie sich in mittlerer und ferner Zukunft die gegenseitigen Beziehungen der EU und der Türkei entwickeln können, bleibt offen. Umso mehr, als die EU sich selbst in einem Veränderungsprozess hin zu Modellen mit unterschiedlichen Integrationstiefen befindet, die in der Zukunft neue Formen der Einbindung in gemeinsame europäische Strukturen bieten könnten.

    Wir Freie Demokraten bedauern die Brexit-Entscheidung der britischen Bürgerinnen und Bürger, wollen aber nun pragmatisch mit der Situation umgehen. Denn wir respektieren diese Entscheidung. Es gilt jetzt, in einem partnerschaftlichen Verfahren, die Bedingungen des Austritts mit London zu verhandeln. Dabei wollen wir auch die Interessen Schottlands und Nordirlands angemessen berücksichtigen. Sollten sie sich dazu entschließen, aus dem Vereinigten Königreich auszuscheiden, so sollten ihnen, genauso wie auch Großbritannien, die Türen der EU wieder offen stehen. Es ist wichtig, Großbritannien als einen starken Partner der EU zu erhalten, aber nicht um jeden Preis: Ein „Rosinenpicken“ oder die Aufgabe grundlegender Prinzipien des Binnenmarktes kommen für uns nicht infrage. Besonders wichtig ist, dass die EU und Großbritannien vor Frühjahr 2019 Klarheit über ihr zukünftiges Verhältnis schaffen, damit die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament auf neuer Grundlage durchgeführt werden können.

    Wir Freie Demokraten wollen die Chancen des Freihandels nutzen. Wachsende Tendenzen des Protektionismus lehnen wir ab. Der Alltag ist vielfältig geworden: die Pasta aus Italien, die Jeans aus der Türkei und das Smartphone aus Korea oder China. All das ist Normalität und eine Bereicherung für unser Leben. Der Welthandel ist der größte Motor für Wohlstand und schafft die Grundlagen für Beschäftigung und Einkommen. Grenzüberschreitender Handel kann das Potenzial für inklusiven und nachhaltigen Wohlstand am ehesten entfalten, wenn rechtsverbindliche Regeln für globale Wertschöpfungsketten bestehen. Wir Freie Demokraten setzen uns daher für eine Stärkung der multilateralen, rechtebasierten Handelsbeziehungen ein. Wir wollen dazu die Welthandelsorganisation (WTO) als zentralen Ort zur Schaffung eines gerechten globalen Welthandelssystems stärken. Viele Menschen haben Angst, dass Freihandel den hierzulande hohen Verbraucher- und Arbeitsschutz gefährdet. Wenn wir aber Handelshemmnisse abbauen und gleichzeitig unsere hohen Standards bei Menschenrechten, Lebensmittel- und Umweltsicherheit als Rechtsgrundlage nehmen, haben wir die einmalige Chance, der Globalisierung gerechte Regeln zu geben. Freihandelsabkommen können den rechtlichen Rahmen festlegen, um diese hohen Nachhaltigkeitsstandards zur Grundlage unseres Handels zu machen. Deutschland ist die exportstärkste und gleichzeitig aber auch exportabhängigste Volkswirtschaft weltweit und braucht den auf Rechtsgrundlagen beruhenden freien Handel. Die Angst vor Freihandel muss daher Optimismus und der Hoffnung auf Fortschritt und Frieden weichen. (Seiten 99 bis 104)

    Wir Freie Demokraten wollen einen effektiven Schutz der EU-Außengrenzen. Nur so können wir wirksam kontrollieren, wer in die EU einreist, und gleichzeitig die Grenzen zwischen den EU-Mitgliedstaaten offen halten. Die Grenzagentur Frontex soll von der jetzigen zwischenstaatlichen Struktur zu einem echten europäischen Grenzschutz mit eigener Handlungsbefugnis und Kontrolle durch das Europäische Parlament ausgebaut werden. Sie braucht zentrale Führung, genügend schlagkräftiges Einsatzpersonal und modernste Überwachungs- und Reaktionsmittel. Wie alle EU-Akteure ist Frontex an die Europäische Charta der Grundfreiheiten gebunden, denn innere Sicherheit in Europa darf nie auf Kosten der Menschenrechte erzielt werden. Daher soll sie auch Aufgaben der Hochseenotrettung im Mittelmeer wahrnehmen, um weitere Tote durch kenternde Schlepperboote zu verhindern.

    Wir Freie Demokraten wollen eine echte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) in Europa. Wir stehen zum Ziel, dass Europa gemeinsam Verantwortung für Frieden, Freiheit und Sicherheit trägt, und wollen die GASP der EU stärken. Nur wenn wir in Fragen globaler Abkommen geeint auftreten, wird die europäische Stimme Gewicht erlangen. Der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sollte dabei eine Schlüsselposition als „EU-Außenministerin“ zukommen. Nur wenn es uns gelingt, auch in den strittigen Fragen im passenden Moment eine europäische Antwort zu geben, wird man uns als Friedensmacht ernst nehmen. Deswegen setzen wir uns für einen konsequenten Ausbau der gemeinsamen Fähigkeiten ein, auch abseits der Europäischen Verträge. Einzelne EU-Staaten sollten im Rahmen der „Verstärkten Zusammenarbeit“ gemeinsam handeln können, wenn es ihre Fähigkeiten und Sicherheit erhöht. Vielmehr sollen auch einzelne EU-Staaten zusammenarbeiten, wenn es ihre Fähigkeiten und Sicherheit erhöht.

    Wir Freie Demokraten wollen mehr europäische Synergien für die Rüstungsentwicklung und -beschaffung. Rüstungsentwicklung und -beschaffung ist nicht nur politisch hochbrisant, sondern auch extrem kostspielig. Um Geld zu sparen und die europäische Partnerschaft zu vertiefen, soll es auch für die Rüstungsindustrie einen funktionierenden Binnenmarkt mit einheitlichen Beschaffungsregeln geben. Arbeiten die Mitgliedsländer zusammen, muss Geld nicht durch jedes Land einzeln ausgegeben werden, sondern es reicht die einmalige und zentrale Investition. Verwenden die europäischen Armeen die gleiche Ausrüstung, können in folgenden Schritten die gemeinsame Ausbildung und militärische Integration weiter vorangetrieben werden.

    Wir Freie Demokraten wollen den Aufbau einer Europäischen Armee unter gemeinsamem Oberbefehl und parlamentarischer Kontrolle. Dazu streben wir schrittweise eine engere Verzahnung und den Ausbau der gemeinsamen Fähigkeiten der Streitkräfte der integrationswilligen Mitgliedsländer an und damit die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion. Der erste Schritt hierzu wäre die Nutzung des im EU-Vertrag bereits vorhandenen Instruments der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen. Die Aufstellung europäischer, multinationaler Verbände gehört dazu ebenso wie eine schrittweise integrierte gemeinsame militärische Ausrüstung. So können Kosten optimiert und technische und taktische Kompatibilität erhöht werden. Es gilt, Strategien, Ausbildung und Einsatzverfahren anzugleichen und auf EU-Ebene zu integrieren. Ein gemeinsames Hauptquartier könnte aus den Stabselementen der fünf bereits bestehenden supranationalen Korps hervorgehen. Bei all diesen Schritten muss parallel die Interoperabilität mit Kräften und Instrumenten der NATO weiter verstärkt werden. Nur gemeinsam kann die EU auch in Zukunft Sicherheit für ihre Bürgerinnen und Bürger garantieren, insbesondere angesichts eines Präsidenten Trump, der das Verhalten der USA zunehmend unvorhersehbar macht. (Seiten 108 bis 111)

    Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

    Spezialthema: Digitalisierung
    Die FDP…

    • sieht in der Digitalisierung Potenziale für mehr Wohlstand sowie bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen.
    • möchte ein Digitalministerium einführen.
    • will freies WLAN im öffentlichen Raum fördern.
    • fordert eine Verbesserung des Urheberrechts. Es sollen technische Lösungen entwickelt werden, die Entscheidungen der Urheber über das „Ob“ und „Wie“ einer erlaubten Nutzung automatisieren.
    • will eine Digitalisierung im Verkehrswesen. Autonomes Fahren, intelligente, digitale Verkehrssteuerung und Drohnen im Rettungseinsatz sollen gefördert werden.
    • setzt sich für eine flächendeckende Gigabit-Infrastrutur mit Glasfaserkabeln ein.
    • verlangt ein Grundrecht auf Verschlüsselungen, ohne staatlichen Backdoors.
    Die Digitalisierung ist die umwälzendste Veränderung unseres Lebens seit dem Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Wir Freie Demokraten verstehen uns als Anwalt der neuen Möglichkeiten der Digitalisierung. Wir richten unseren Blick vor allem auf die Potenziale für mehr Wohlstand sowie bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen.Digitaler Binnenmarkt für EuropaWir Freie Demokraten wollen den europäischen digitalen Binnenmarkt. Denn laut Schätzung der Europäischen Kommission könnten dadurch jährlich 415 Milliarden Euro erwirtschaftet werden und Hunderttausende neue Arbeitsplätze in Europa entstehen. Allerdings gibt es, anders als wir es in Europa bei Waren, Dienstleistungen und Kapital gewohnt sind, im digitalen Bereich Hindernisse beim Grenzübertritt. Die Mitgliedstaaten haben alle ihren eigenen digitalen Markt mit unterschiedlichen Regulierungen. Das wollen wir ändern, indem wir regulierungsbedingte Barrieren abbauen werden, ohne darüber den Grundsatz der Vertragsfreiheit infrage zu stellen. In einem gemeinsamen Binnenmarkt kann es zum Beispiel keine Rolle spielen, von welchem Ort aus Verbraucher auf Internetseiten zugreifen, um beispielsweise ein Hotel für den Urlaub zu buchen oder in einem Online-Shop einzukaufen. Durch ungerechtfertigte Zugangssperren werden Barrieren im digitalen Binnenmarkt errichtet.

    Wir Freie Demokraten wollen ein modernes Urheberrecht, das auch die berechtigten Interessen von Nutzern und Investoren berücksichtigt. Ein wirksamer Schutz durch das Urheberrecht ist notwendige Voraussetzung für kreative Tätigkeit und für Investitionen in deren wirtschaftliche Verwertung. Das Urheberrecht vermittelt einen eigentumsähnlichen Schutz. Es entwickelt sich im Zuge der Digitalisierung zu einem Schlüsselrecht für die Schaffung kreativer Inhalte und muss gerade auch in der digitalen Welt gewährleisten, dass die Erträge aus der Verwertung kreativer Leistungen den Urhebern und den weiteren Berechtigten zufließen. Komplexe Werke, deren Schaffung oft eine Vielzahl von Mitwirkenden und hohe Investitionen erfordern, wären auch in der digitalen Welt ohne den Schutz durch das Urheberrecht nicht möglich. Wir wollen deshalb ein Urheberrecht, das einen einfachen Rechteerwerb und die unbürokratische und transparente Beteiligung der Urheber an der Verwertung ihrer Werke ermöglicht. Dies eröffnet auch Start-ups die Möglichkeit, einfach und rechtssicher die erforderlichen Lizenzen zu erwerben, um mit ihren Investitionen und mit der Verbreitung geistiger Leistungen Geld verdienen zu können. Wir Freie Demokraten setzen dabei vor allem auf technische Lösungen, die es besser als heute ermöglichen, die Entscheidung der Urheber über das „Ob“ und „Wie“ einer erlaubten Nutzung zu automatisieren und die Urheber an der Verwertung ihrer kreativen Schöpfungen zu beteiligen. Wir erkennen die Rolle von Verwertungsgesellschaften für eine vereinfachte Rechtewahrnehmung an, setzen hier aber auf eine Stärkung des Wettbewerbs, auch in Form von gemeinsamen Vergütungsregeln der Rechteinhaber.

    Wir Freie Demokraten bekennen uns zur Netzneutralität. Das bedeutet, dass alle Datenpakete im Internet gleichberechtigt sind. So ist sichergestellt, dass keine Meinung diskriminiert wird und neue Unternehmungen Marktzugang erhalten. Diese Chancengleichheit wollen wir schützen und zugleich neue qualitätsgesicherte Dienste ermöglichen. Deren diskriminierungsfreie Ausgestaltung ist wettbewerbsrechtlich abzusichern. (Seiten 45 bis 47)

    Wir Freie Demokraten setzen uns für eine Digitalisierungsoffensive im Verkehrswesen ein. Damit wollen wir den Verkehr hierzulande mit mehr Digitalisierung wieder auf die Überholspur bringen. Ob auf der Straße, Schiene, über Wasser oder in der Luft – überall bieten sich durch intelligente Verkehrssysteme und Mobilität 4.0 mit vollautomatisiertem und autonomem Fahren große Chancen: Innovative neue Entwicklungen im Verkehrswesen dürfen durch bestehende Monopolregelungen nicht behindert werden. Wir Freie Demokraten sehen autonomes Fahren als Chance für selbstbestimmte Mobilität und gesellschaftliche Teilhabe für diejenigen, deren Mobilität derzeit eingeschränkt ist. Autonom fahrende Verkehrsmittel bieten zudem neue Perspektiven für die Attraktivität des ländlichen Raumes. Drohnen sind eine Chance insbesondere für den Rettungseinsatz in ländlichen Gebieten. Daher fordern wir, die derzeit bestehenden gesetzlichen Beschränkungen von Drohnen im Zusammenhang mit Rettungseinsätzen abzuschaffen. Wir fordern zudem, dass der öffentliche Personennah- und Fernverkehr seine aktuellen Fahrplandaten in standardisierter, maschinenlesbarer Form, der Öffentlichkeit frei verwendbar, zur Verfügung stellen muss. Auch die Verkehrssteuerung muss endlich modernisiert werden, um unnötige Staus zu vermeiden. So wollen wir unter anderem den Ausbau intelligenter Verkehrsbeeinflussungsanlagen vorantreiben: Ampeln sollen vermehrt bedarfsgesteuert geregelt und mit Countdown-Anzeigen ausgestattet, sowie grüne Wellen effektiv umgesetzt werden. Wir befürworten die Zulassung von Lang-Lkw, sofern die Strecke baulich dafür geeignet ist. Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen sowie die weitere Absenkung allgemeiner Höchstgeschwindigkeiten (wie beispielsweise innerorts flächendeckend auf 30 km/h) lehnen wir ab. (Seite 49)

    Ein unkomplizierter Staat nutzt alle Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung bieten, um für seine Bürger schneller, anwendungsfreundlicher und günstiger zu werden. Legen wir endlich los damit! Einführung eines Digitalministeriums Wir Freie Demokraten fordern die Einführung eines Digitalministeriums. Digitalisierung ist eine der zentralen Herausforderungen der Gegenwart. Das macht sie zu einer komplexen Querschnittsaufgabe. Wir wollen das Kompetenzgerangel zwischen fünf Ministerien in Sachen Digitalisierung beenden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Fäden in einer Hand zusammenlaufen. Diese Synergieeffekte führen zu einer schlankeren und effizienteren Regierung.

    Wir Freie Demokraten wollen überall in Deutschland hochleistungsfähiges Internet durch flächendeckende Gigabit-Infrastrukturen sowohl im Festnetz als auch beim Mobilfunk. Glasfaser überträgt Daten deutlich schneller als die weit verbreiteten Kupferkabel. Selbst wenn Kupferkabel mittels des sogenannten Vectoring nachgerüstet werden, erreichen sie nicht annähernd die Übertragungsgeschwindigkeit von Glasfaser. Der Ausbau soll in Regions-Clustern ausgeschrieben werden, sodass ein Ausbau auch im ländlichen Raum attraktiv ist. Alle Provider müssen Kapazitäten auf neuen Glasfaserleitungen mieten können. Dies ermöglicht echten Wettbewerb bis an die Grundstücke bei gleichzeitiger Refinanzierung über die kommenden Jahrzehnte.

    Wir Freie Demokraten wollen die digitale Infrastruktur – privater und staatlicher Stellen – auf den neuesten Stand der Technik bringen und effektiv schützen. Der unbefugte Zugriff auf persönliche Daten durch Dritte ist nicht nur ein Schaden für das betroffene Unternehmen, sondern vor allem auch für die betroffenen Kunden. Daher setzen wir uns für eine Haftung des Anbieters bei Fahrlässigkeit ein, wenn zum Beispiel nicht der Stand der Technik verwendet wurde. Wir Freie Demokraten fordern ein Grundrecht auf Verschlüsselung. Die Weiterentwicklung von Verschlüsselungstechnologien, der Sicherheit von Speichersystemen und von qualifizierten Zugriffsund Berechtigungslogiken muss hierzu stärker vorangetrieben werden. Gesetzliche Beschränkungen oder Verbote kryptografischer Sicherungssysteme lehnen wir genauso wie den Einsatz von Backdoors und die staatliche Beteiligung an digitalen Grau- und Schwarzmärkten ab.

    Wir Freie Demokraten möchten mehr freies WLAN in öffentlichen Räumen, Gebäuden und dem öffentlichen Nahverkehr ermöglichen. Soweit europäisches Recht es zulässt, sollen WLAN-Betreiber für Urheberrechtsverletzungen nicht mehr als Störer in Haftung genommen werden, die von Nutzern begangen wurden. Wir setzen uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass Betreiber von WLAN für die Unterlassung und Beseitigung von Rechtsverletzungen der Nutzer nicht mehr in Anspruch genommen werden. (Seiten 143 bis 145)

    Quelle: Offizielles Wahlprogramm der FDP

    Noch ein Tipp: Bereits im MZ-Wahlkalender erschienen sind die Wahlprogramme der Linken (Türchen 5), der SPD (Türchen 9), der CDU/CSU (Türchen 12), der AfD (Türchen 15) und der Grünen (Türchen 18).